Sonntag, 16. August 2015

Rauklands Sohn von Jordis Lank



Band 1 der Raukland-Trilogie

Rauklands Sohn
Ronan ist Sohn des Königs von Raukland. Sein Vater ist der mächtigste Herrscher im Nordmeer: ein machtgieriger Mann, der sein Land von einem Krieg in den anderen führt. Ronan hat nie gelernt, das infrage zu stellen: Freundschaften sind ihm unbekannt und die einzige Liebe, die er kennt, gilt seinem Schwert. Doch dann fällt Ronan in Ungnade und wird auf die nordische Insel Lannoch verbannt. Das Eiland muss er einnehmen oder er verliert den Thron. Mit Waffengewalt ist das aussichtslos: Ronan braucht nicht nur einen Freund an seiner Seite, er muss auch die Achtung der Prinzessin von Lannoch gewinnen. Wie man das anstellt, kam in seinem Schwerttraining jedoch nicht vor.

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Leseprobe  - Kapitel 1 aus Rauklands Sohn

„Was hast du getan?“
  Der Schrei trieb durch seine bleierne Müdigkeit. Ein Schatten wuchs über ihm, Hände krallten sich in sein Haar und rissen seinen Kopf zurück.
  Der Schatten war sein Vater.
  Ronans Herz pochte so wild gegen seine Rippen, dass es schmerzte. Er konnte sich nicht rühren, es war, als läge eine tonnenschwere Felswand auf ihm. Nichts ergab einen Sinn.
  Sein Vater schlug ihm ins Gesicht. „Du bist betrunken!“
  Nein, das nicht. Niemals.
  Die Erinnerung an die letzten Stunden war dennoch fort.
  „Wie ein Bauerntölpel hast du dich von diesem Mädchen abfüllen lassen! Hast du nicht ein einziges Mal daran gedacht, dass Bellingor sie dafür bezahlt hat?“
  Noch ein Schlag ins Gesicht. Sein Kopf flog zur Seite. Alles war verschwommen. Er lag in seinem Zelt. Hinter seinem Vater stand Jasimo, ein Schwert in der Hand. Getrocknetes Blut klebte in seinem Haar.
  Die Schlacht gegen König Bellingor! Im Morgengrauen hätten sie auf dessen Heer stoßen sollen. Es war taghell.
  O Himmel ...
  Vater schüttelte ihn. „Ein Viertel der Männer hat uns deine Dummheit gekostet! Bellingor hat uns überrannt! Und warum? Weil der Hinterhalt, den wir für ihn erdacht hatten, gar nicht existierte! Wieso existierte er nicht, Ronan?“
  Sein Magen zog sich zusammen. Ein leiser, krächzender Laut kam aus seiner Kehle. Er war derjenige, der die Männer an den Ausgang der Tsorsa-Schlucht hätte führen sollen, in den Rücken von Bellingors Heer. Stattdessen war er immer noch hier. Ronan wälzte sich zur Seite und erbrach. Sein Magen war eine flammende Kugel und er rang krampfhaft nach Luft, die Hände gegen die Brust gepresst. Gott, war ihm schlecht.
  „Bringt mir Zhodan!“, schrie Vater.
  „Sofort, mein König“, kam die Antwort.
  Ronan schloss die Augen.
 
*
  Sie brachten ihn nach draußen. Er versuchte zu gehen, aber er konnte es nicht. Also packten sie seine Hände und Füße und schleiften ihn über den Boden. Auf einem freien Platz ließen sie seinen Körper fallen.
  Langsam, ganz langsam legten sich die Nebelschleier in seinem Kopf. Er lag in der Mitte eines Feldlagers, unweit einiger kleiner Feuer. Mehrere Dutzend Pferde standen mit hängenden Köpfen da, gesattelt und gezäumt, die Leiber dampfend. Dahinter Zelte, eine ganze Stadt davon. Über dem Größten wehte die Flagge Rauklands.
  Eine Handvoll Männer bildete einen Kreis um ihn, weitere kamen hinzu. Blut klebte an Händen und Kleidern, trocknete auf den metallenen Ringen der Kettenrüstungen. Die Blicke der Umstehenden sprachen Bände. Da lag er bäuchlings zu ihren Füßen: der Sohn des Königs, siebzehn Jahre alt, jünger als die meisten von ihnen. Der Einzige, der hier im Lager von dem geheimen Hinterhalt gewusst hatte. Heute Morgen hätte er einen Teil des Heeres an die Tsorsa-Schlucht führen müssen, und er hatte es nicht getan. Dass es Tote und Verwundete gegeben hatte, war seine Schuld. Königssohn hin oder her, es wurde Zeit, dass jemand für die verlorene Schlacht bestraft wurde.
  An den Halmen vor seinen Augen hingen Tautropfen. Ronan wollte sie vom Gras lecken, um das saure Brennen in seinem Hals zu lindern. Warum war ihm so elend?
  Nachdem der Trupp seines Vaters vorausgeritten war, um vor Bellingors Heer zu gelangen, war es im Lager ruhig geworden. Nur dann und wann kam ein Bote. Die meisten Männer schliefen, und er hatte sie schlafen lassen. Mit Jasimo hatte er vor seinem Zelt gesessen. Und dann? Da war kein Mädchen gewesen. Keines, an das er sich erinnern konnte.
  Der Boden erzitterte unter stampfenden Pferdehufen. Die wenigen erbeuteten Tiere wurden mit dem Zeichen Rauklands gebrandmarkt. Ein Schimmel bäumte sich in den Seilen, die seinen Kopf hielten, aber es nützte ihm nichts. Noch während das Pferd die Männer umherzerrte, zwang einer von ihnen das glühende
Eisen auf das weiße Fell. Der Schimmel schrie.
  Der Geruch von verbrannten Haaren wehte herüber. Ronan drehte den Kopf, bemüht, den erdigen Geruch des Grases einzuatmen. Ein Schatten fiel auf ihn.
  „Ronan.“
  Zhodan kniete sich an seine Seite. Der ältere Mann blickte auf ihn herab. Das lange Schwert an seiner Seite berührte das taubedeckte Gras. „Was, zum Teufel, ist in dich gefahren?“ Eine ungewohnte Schärfe war in seiner Stimme.
  „Weiß nicht“, flüsterte Ronan. Es tat weh zu sprechen, aber Zhodans Blick schmerzte noch
mehr. Dachte er etwa, es wäre Nachlässigkeit gewesen, die seinen Schüler in diese Lage gebracht hatte?
  Zhodan setzte einen schlanken Krug ins Gras.
   Ronan schob die Arme unter die Brust. Verständnislos betrachtete er erst den Krug, dann den Mann neben ihm.
  „Du bist betrunken“, sagte Zhodan.
  Nicht auch noch er!
  „Nein! Bin ich nicht ...“
  Zhodans Augen wurden schmal. „Der Krug dort lag neben deinem Lager. Deine Decke ist mit Wein besudelt. Ebenso, wie du es bist!“
  Ronan schlug mit dem Kinn ins Gras, als Zhodan seinen Arm verdrehte und ihm den Stoff seines Hemdes ins Gesicht presste. Süßlicher Geruch stieg ihm in die Nase. Er warf den Kopf zur Seite und würgte. Tief aus seinem Inneren loderte Furcht empor. Die Nacht fehlte in seiner Erinnerung. Alles war unwirklich, fremd. Er selbst war sich fremd. Niemals in seinem Leben war er so betrunken gewesen, dass er nicht mehr wusste, was er getan hatte!
  Er presste eine Hand an seinen Hals und holte zitternd Luft. Der Mann, der seit seinem fünften Lebensjahr sein Lehrmeister, Begleiter und oft genug sein Beschützer gewesen war, beugte sich vor und berührte seine Schulter.
  „Sie bereiten den Pflock vor.“
  Ronan schloss die Augen. Er hatte es geahnt.
  Zhodans Hand drückte leicht zu. „Du bist stark. Du wirst es hinter dich bringen ...“
  Die letzten Worte hörte Ronan kaum, denn Zhodan wurde zur Seite gestoßen und Vater nahm seine Stelle ein. Eiserne Beinschienen umschlossen seine Unterschenkel wie Stiefelschäfte, der Harnisch aus Kettengeflecht fiel bis zu seinen Knien. Leinenstoff spannte sich darüber, feucht von Erde und Blut. Sein weißblondes Haar hing ihm auf die Brust, die Augen, hell und stechend, brannten vor Zorn.
  Azel Carinn, der König Rauklands.
  Reglos lag Ronan zu seinen Füßen. Er wagte nicht zu blinzeln, denn mit jedem Herzschlag pulsierte der Zorn an der Halsseite seines Vaters.
Stumm sahen sie einander an. Es gab nichts zu sagen. Er hatte eine Strafe verdient. Kein Wort der Entschuldigung würde daran etwas ändern. Dazu kannte er seinen Vater zu gut.
  Azel über ihm stieß einen verächtlichen Laut aus. Mit einer abrupten Bewegung erhob er sich. Nur die Stiefel blieben in Ronans Blickfeld zurück.
  „An den Pflock mit ihm!“
  Jubelrufe erhoben sich aus den Reihen der Männer. Ein ganzes Dutzend kam herbeigelaufen, um ihn an einem Fichtenstamm zu zerren. Dieser war der Mittelpunkt einer Zeltkonstruktion, deren Stoffbahnen nun eilig entfernt wurden. Straff gespannte Befestigungsseile verliefen vom Boden bis zum oberen Ende des Stammes. Die Männer stießen ihn gegen den Pfahl und banden seine Hände hoch über dem Kopf zusammen. Erleichterung durchflutete Ronan. Er würde nicht auch noch darum kämpfen müssen, aufrecht stehen zu bleiben.
  Sein Publikum hatte sich in zehn Schritten Entfernung zu einem Halbkreis formiert. Schräg hinter Ronan stand Vater, eine Hand auf dem Knauf seines Schwertes. Erwartungsvolle Stille senkte sich über das Lager.
  „Zwanzig!“, rief Vater.
  Die Menge johlte, und Ronans Herz sank.
  Er spürte Vaters Blick auf sich, aber er wollte ihm nicht die Genugtuung geben, den Schrecken zu zeigen, den ihm diese Ankündigung einjagte. Sein Kopf war wieder klar, doch bald würde er sich wünschen, dass wäre nicht der Fall. Zwanzig Hiebe waren eine grausame Strafe, und in seinem Zustand hatte er kaum Aussicht darauf, die Tortur durchzustehen. Er versuchte, nicht daran zu denken. Seine einzige Hoffnung war, felsenfest auf sich selbst zu vertrauen.
  Mit den Fingern umfasste er das Seil, das seine Arme nach oben zwang. Jemand zerriss sein Hemd, sodass sein Rücken frei lag. Der Wind strich kühl über die feuchtgeschwitzte Haut.
  Die Rute berührte ihn leicht.
  Der Mann, der sie hielt, zeigte ein schmales Grinsen. Er bog den Zweig zu einem Halbkreis, um zu demonstrieren, wie flexibel sein Instrument war. Das Ende war daumendick, die andere Seite, die in seine Haut schneiden würde, sorgfältig von Rinde befreit. Es zischte, als die Rute neben ihm durch die Luft schnitt. Das Geräusch jagte einen Schauer über seinen Rücken.
(...)




Autorenvita

Schon als Kind hat Jordis Lank Romane weitergeträumt, wenn sie enttäuscht war, dass sie zu Ende waren. Wie oft hat sie sich gewünscht die Figur sein zu können, von der sie da las! Bis sie merkte, dass das Schreiben ein noch viel intensiveres Erlebnis ist als das Lesen. Manchmal, wenn alles passt, wenn sich die Geschichte auf einmal von selbst schreibt und die Charaktere Dinge tun, von denen man zwei Sätze vorher noch nichts wusste, dann - so sagt sie - verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit - und man ist wirklich mitten drin: Ein einzigartiges, großartiges Gefühl, das süchtig macht.

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