Sonntag, 23. August 2015

Die Hexenschülerin - die Zeit der Wanderschaft von Rotraud Falke-Held





Klappentext:

Im Jahr 1323 lebt die 14jährige Clara mit ihrer Familie in dem neuen Dorf Dringenberg. Clara hat eine gefährliche Gabe, sie ist hellsichtig und geriet deswegen bereits einmal in den Verdacht, eine Hexe zu sein.
Clara hat Träume, die sich mit dem strengen Rollenverständnis ihrer Zeit nicht vereinbaren lassen. Sie hat Lesen und Schreiben gelernt und träumt davon, ihr Heimatdorf zu verlassen. Sie möchte die Welt kennen lernen und eines Tages vielleicht sogar ihre große Liebe Gabriel wieder finden. Heimlich plant sie, sich bei dem nächsten Besuch der Händler dem Tross anzuschließen.
Doch dann bricht eine schlimme Grippewelle in dem Ort aus und Clara wird gebraucht. Aus Pflichtbewusstsein bleibt sie im Dorf.
Aber gerade dadurch gerät sie in große Gefahr.
Clara muss fliehen. Ihr Bruder Adrian hilft ihr, den Händlertross zu finden.

Währenddessen trennt sich in München auch Gabriel von seiner Familie und macht sich gegen Odilias Wunsch auf den Weg zurück nach Dringenberg. Er kann Clara einfach nicht vergessen. Auch vor Gabriel liegt ein gefährlicher Weg.

Die Hexenschülerin – die Zeit der Wanderschaft setzt Claras Lebensgeschichte fort, die mit dem Buch „Die Hexenschülerin - die Zeit des Neubeginns“ seinen Anfang nahm.
Die Geschichte ist spannend und temporeich erzählt. Sie ist besonders geeignet für Mädchen und Jungen ab 12 Jahren.

Erhältlich bei Amazon und BoD.

Leseprobe aus Kapitel 2: Besuch beim Medicus

Es fiel Clara schwer, Cäcilia allein zu lassen. Die alte Heilerin befand sich in einem Dämmerzustand. Clara flößte ihr die Medizin ein und versprach ihr, am Abend wiederzukommen. Aber sie war sich gar nicht sicher, ob Cäcilia sie überhaupt verstand.
Clara wollte bei ihr übernachten, denn die alte Frau war wirklich ganz allein.
Auch der Medicus ist allein, dachte sie, während sie durch die Straßen streifte.
„Geh nicht zum Medicus“, hörte sie Cäcilias Stimme. „Geh nicht zum Medicus. Wenn er eine Gelegenheit erhält, wird er dich erneut anklagen.“
Das wird er sicher nicht, dachte Clara. Er ist krank und ist be­stimmt froh, wenn sich jemand um ihn kümmert.
Aber er hatte Cäcilia den Mundschutz vom Gesicht gerissen. Nein, wenn Cäcilia nicht wollte, dass sie zu ihm ging, hatte sie sicher gute Gründe.
Aber die Alte hatte hohes Fieber. Wusste sie überhaupt, was sie redete?
Verdammtes schlechtes Gewissen. Was interessierte sie der Medicus? Er hatte Odilia gehasst und er hasste sie. Er hatte sich nicht nur an der Hexenjagd beteiligt, er hatte die Menschen sogar aufgewiegelt. 
Er war schlecht und gemein.
Wenn er eine Gelegenheit erhält, wird er dich erneut anklagen.
Aber sie wäre eine schlechte Heilerin, wenn er ihr gleichgültig wäre.
Ach verflucht, sie war überhaupt keine Heilerin! Sie wollte keine sein.
Sie richtete ihren Blick zum Himmel. „Verzeihung. Ich fluche, das steht mir nicht zu. Ich bin nur so entsetzlich durcheinander. Ich weiß nicht, wo ich hingehöre. Was ist mein Weg? Gib mir doch bitte ein Zeichen!“
Und dann stand sie vor dem Haus des Medicus. Sie war selbst überrascht darüber. Ihr Herz klopfte. Sie war tatsächlich hierher gegangen! Als hätte sie jemand geführt.
Sie klopfte an die schmale Holztür.
Keine Antwort.
Sie klopfte erneut.
Stille.
„Meister Medicus!“, rief sie.
Irgendetwas war da im Inneren. Ein Geräusch. Ein Krächzen.
Sie schob an der Tür. Sie ließ sich öffnen.
„Meister Medicus, ich bin es, Clara Schmied. Ich komme, um nach euch zu sehen. Darf ich?“
„Wo ist Cäcilia?“, antwortete eine schwache, krächzende Stimme.
„Sie ist ebenfalls krank. Ich komme gerade von ihr.“
Sie wartete jetzt nicht mehr auf die Erlaubnis, sie legte ihren Mund­schutz an und trat näher.
In seinem Bett fand sie den Arzt.
Der alte Mann wirkte noch dünner, als er sowieso schon war. Sein weißes Haar war strähnig und sein Bart etwas zu lang und struppig.
Der Geruch von Tod hing in der Luft.
Cäcilia hat recht, dachte sie. Hier kann man nicht mehr helfen. Clara erschauderte.
„Warum kommst du vermummt zu mir?“
Clara tastete instinktiv nach ihrem Mundschutz.
„Es ist ein Schutz gegen die Krankheit!“, antwortete sie ruhig.
„Es liegt nicht in deiner Macht, dich vor Krankheit zu schützen. Das ist allein Gottes Recht. Ob du krank wirst oder nicht, ist dein Schicksal. Nimm die Vermummung ab.“
Geh nicht zum Medicus.
Claras Herz schlug bis zum Hals. Wie gebieterisch seine Stimme klang, obwohl sie so schwach war. Sie musste allen Mut zusammen­nehmen, um zu antworten: „Das werde ich nicht.“
„Du bist eine gottlose Person.“
„Ich kam, um nach euch zu sehen, euch einen Tee zu brauen oder Medizin. Ich kam, um zu helfen. Das ist nicht gottlos.“
„Dein Gebräu will ich nicht. Ich traue dir nicht.“
Die Heftigkeit, mit der ihre Großmutter die Medizin von Odilia abgelehnt hatte, kam ihr in den Sinn. Obwohl sie zum Teil nicht anders war, als Cäcilias Kräuter. Allerdings benutzte Odilia manches als Hexenkraut. „Galgant hilft, sich aus Einengungen zu lösen.“ Und Alant half angeblich gegen Hexen und Dämonen.
Clara schüttelte sich. Daran wollte sie jetzt nicht denken. Manch­mal war Odilia sogar ihr unheimlich gewesen.
Jetzt schlug ihr die gleiche Ablehnung entgegen. Warum war sie nur hierher gegangen?
Geh nicht zum Medicus.
„Wenn du nicht unter dem Schutz des Bischofs gestanden hättest, dann…“ Der Medicus hielt inne. Er atmete schwer. Aber husten tat er nicht.
Es hustete überhaupt niemand. Diese Krankheit war keine Krank­heit der Bronchien oder der Lunge wie bei ihrem Großvater.
„Ich würde dich wieder anklagen. Dich, eine Hexenschülerin.“
Wenn er eine Gelegenheit erhält, wird er dich erneut anklagen.
„Ich würde dich wieder anklagen. Dich, eine Hexenschülerin.“
Wenn er eine Gelegenheit erhält, wird er dich erneut anklagen.
„Odilia ist keine Hexe.“
„Nun bist du selbst die Hexe.“
„Das bin ich nicht.“
„Was ist mit Cäcilia? Warum kommt sie nicht?“
„Ich sagte es schon. Sie ist krank. Sie ist auf der Straße zusammen­gebrochen. Ich habe sie nach Hause gebracht und ihr Medizin gegeben.“
„W…was?“ Der Alte versuchte hektisch, sich im Bett aufzu­richten. „Was hast du mit ihr gemacht? Du hast sie verzaubert, nicht wahr? Du…“
Er fiel entkräftet zurück in die Kissen.
Clara konnte nicht antworten. Sie starrte ihn ein paar Sekunden lang mit weit aufgerissenen Augen an. Dann drehte sie sich unver­mittelt um und lief aus dem Haus. Im Laufen riss sie ihren Mund­schutz ab.
Sollte er doch ohne Linderung durch einen fiebersenkenden Tee oder eine Schmerzmedizin in seinem Bett liegen bleiben, bis der Tod kam. Sollte er doch allein bleiben. Sie würde nicht noch ein­mal dieses Haus betreten. Warum hatte sie nur nicht auf Cäcilia gehört! Er wollte ihre Hilfe ja gar nicht.
Sie rannte, bis sie völlig außer Atem war.


aus Kapitel 12: Unterwegs mit dem Bader

Der Wirt kannte ihn, Gabriel selbst hatte ihm eine Wunde am Arm be­handelt. Er war unter den wartenden Leuten vor dem Wagen gewesen, als er mit dem Bader wegen der rostigen Zange ge­stritten hatte.
„Was machst du denn hier?“, rief er Gabriel entgegen. „Darfst du heute allein in die Stadt?“
Gabriel schüttelte den Kopf. „Ich habe den Bader verlassen. Es war nicht mehr zum Aushalten.“
Der Wirt lachte und hielt sich dabei den dicken Bauch.
„Gott sei Dank! Ich habe doch gemerkt, wie der Bader dich behan­delt hat, Junge. Wenn du von dem fort willst, bist du bei uns will­kommen.“
„Warum geht ihr nur alle zu ihm, wenn ihr doch bemerkt, wie garstig er ist?“, fragte Gabriel verwundert.
„Wenn ein Bader ankommt, weiß man doch vorher nicht, wie er ist, nicht wahr? Das erlebt man erst, wenn man dort ist. Wir waren alle sehr erschrocken, glaub mir. Aber jetzt denk nicht drüber nach. Iss dich erstmal satt und dann bekommst du ein schönes Zimmer. Es ist nicht groß, aber du hast ein Dach über dem Kopf und ein richtiges Bett.“
„Ich habe aber nicht viel Geld“, sagte Gabriel. „Eine Suppe muss reichen.“
Der Wirt zwinkerte ihm zu und wies ihm einen Tisch in der Ecke zu. Es dauerte nicht lange, da brachte er ihm eine dampfende Schüssel Suppe und sogar ein Stück Braten und Brot.
„Keine Sorge. Das geht auf die tanzende Henne.“
Gabriel sah ihn dankbar an. Hungrig riss er ein Stück Brot ab und tunkte es in die Suppe. Ah, sie war heiß und deftig. Wunderbar.
Und wenn das Zimmer so sein würde wie die Gaststube konnte er sich glücklich schätzen. Es war hier nicht vornehm – wirklich nicht - aber sauber und gemütlich.
Er begann sich zu entspannen. 
Er begann das Glück zu fühlen, den Bader losgeworden zu sein. Sicher saß der jetzt schon auf dem Bock seines Wagens und gondelte zum nächsten Ort.
Aber gerade, als er es genoss, wie die heiße Suppe seine Kehle hinunterfloss, stürmte eine Gruppe Bewaffnete in die Gaststube.


Rotraud Falke-Held wurde 1964 in Bad Driburg geboren.
Schon in der Grundschulzeit entdeckte sie die Freude am Schreiben.
Doch zunächst absolvierte sie eine solide kaufmännische Ausbildung und kann heute auf eine 20jährige Berufstätigkeit zurückblicken.
Nach der Geburt ihrer Kinder - in den Jahren 2000 und 2001 – gab sie ihre Berufstätigkeit auf. Sie begann, sich spannende Geschichten auszudenken – zunächst nur für ihre eigenen Kinder.
2009 erschien ihr erstes Kinderbuch „Der kleine Bär Tapp“ im Monolith Verlag.
Seither sind einige Kinder- und Jugendbücher von ihr erschienen, altersmäßig wachsen die Geschichten mit dem Alter ihrer eigenen Kinder.
Rotraud Falke-Held lebt mit ihrem Mann, zwei Kindern und der Hundedame Cacy in Büren.

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