Sonntag, 26. April 2015

„Horizon – Aufbruch ins Ungewisse“ von Amanda Laurie




Klappentext:

Nachdem er fernab der Heimat erzogen wurde, wird der sechzehnjährige Königssohn Corin von seinem Vater an den Hof nach Carbonn beordert. Widerwillig fügt er sich dieser Entscheidung.
Doch fühlt er sich auf Burg Carbonn nicht wohl. Selbst das Zusammensein mit seinem älteren Bruder ist für ihn eine Herausforderung, da beide nicht unterschiedlicher sein könnten.
Indes verfolgt der König Pläne, die auch das Schicksal seiner Söhne mit einschließen. Denn das magiebegabte Volk von Lindoras ist seiner Familie noch einen Gefallen schuldig, und diesen möchte er endlich einfordern.
Als Corin schließlich von seiner besonderen Gabe erfährt, steckt er bereits mitten in einem großen Abenteuer, bei dem auch Riesenadler eine Rolle spielen …

„Horizon – Aufbruch ins Ungewisse“ bietet auf 380 Seiten eine gelungene Mischung aus Abenteuer und Magie. Es ist der Auftakt zur neuen Fantasy-Buchreihe von Amanda Laurie für Leser ab 12 Jahren.

ISBN: 3734768195
Erhältlich als Taschenbuch bei amazon.de, Taschenbuch bei thalia.de und E-Book bei amazon.de


Leseprobe

Ein riesiger Schatten legte sich über die kleine Gruppe. Corin erstarrte. Seine Augen weiteten sich entsetzt. Nie im Leben hätten sie allesamt Platz hier oben! Aber selbst wenn er gewollt hätte, hätte er sich jetzt nicht mehr fortbewegen können. Zu schockiert war er aufgrund des Anblicks. Er sah eine Menge Federn, zwei braune Flügel, kräftige behaarte Beine mit scharfen Krallen – und dann, wie der riesige Körper des Tieres zwischen ihnen zur Landung ansetzte.
Der Vogel legte die Flügel an, hielt den Kopf schräg und schien die Eindringlinge zu mustern, die es gewagt hatten, seinen Horst zu betreten.
Corin hielt den Atem an, immer noch unfähig, sich zu bewegen, und starrte den Neuankömmling an.
»Was geht hier eigentlich vor?«, wisperte er, in der Hoffnung, keines der Tiere aufzuschrecken.
»Das ist Peronimus, der König der Adler.«
Als sei damit alles geklärt, wandte sich sein Vater an den Vogel neben sich. »Peronimus, sei auch du gegrüßt.«
Ein leises Klackern seines Schnabels, dann beobachtete der Vogel Corin. Bryant lehnte währenddessen mit seiner Stirn am Kopf von Abernath, der leise, keckernde Laute von sich gab.
Wie konnte sein Vater so nah an den wilden, gefährlichen Vogel herantreten? Wieso ließ sich ein Raubvogel überhaupt solche Berührungen gefallen? Corin hätte viel eher erwartet, dass das Tier mit einem Schlag seiner Schwingen ihr Leben beendet hätte. Stattdessen klang der Vogel zufrieden und schien die Streicheleinheiten zu genießen.
Corin traute seinen Sinnen nicht. »Was sind das für Tiere? Ihre Größe ist doch nicht normal!«, wisperte er.
Erst jetzt schien sich Bryant zu entsinnen, dass er nicht alleine war. Stolz betrachtete er seinen Sohn.
»Das ist ein Teil deines Erbes, Corin.«
Corin runzelte die Stirn. Er verstand nicht. Das waren Vögel. Bei näherer Betrachtung gar keine so hässlichen, wie er ursprünglich geglaubt hatte. Das braune Gefieder glänzte, stellenweise stachen bei dem einen an den Flügelenden sowie am Bauch helle, fast weiße Federn hervor. Dennoch hatten die Vögel nichts gemein mit einem Menschen. Wie konnten sie Teil seines Erbes sein?
Bryant schmunzelte. »Was glaubst du denn, wie das Wappen der Bryants entstanden ist?«
Corin versuchte, sich zu erinnern, was er darüber gehört hatte. Von irgendeinem Vorfahr war die Rede gewesen, großer Gefahr, irgendeiner Sage. Er hatte nicht genau zugehört, denn er konnte sich erinnern, dass dies eine der Unterrichtsstunden gewesen war, in denen Raoul ihn geärgert hatte. Da war er eher beschäftigt gewesen, diesem unauffällig Konter zu bieten ... und ihm nach der Stunde mit seinen Fäusten das Maul zu stopfen.
Doch diese Antwort würde Bryant nicht erfreuen. Deswegen beschränkte Corin sich auf: »Keine Ahnung. Sicher werdet Ihr es mir gleich verraten.«
Unzufrieden blickte Bryant auf ihn herab.


Über die Autorin:

Amanda Laurie veröffentlichte bereits 2013 Kurzgeschichten in ihren Sammlungen „Ein Hauch von Magie“ und „Flucht durch die Wälder“.
Mit dem Jugendroman „Horizon – Aufbruch ins Ungewisse“ startet ihre neue Fantasy-Reihe.

Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Sachsen. Am Rande eines kleinen Dorfes umgeben von viel Grün findet sie die Zeit und Inspiration, ihre Geschichten niederzuschreiben.
Derzeit arbeitet Amanda Laurie an der Fortsetzung zu „Horizon“.

Mehr Infos über die Autorin und ihre Bücher auf: www.amandalaurie.de


Sonntag, 19. April 2015

Willkommen im Luhg Holiday von Christine Erdic




Als Familie Kohlmann wegen eines vorausgesagten Schneesturms ganz spontan im Hotel Luhg Holiday einkehrt, ahnt sie noch nicht, was sie dort erwartet. In dem alten unheimlichen Haus scheint nichts mit rechten Dingen zuzugehen und schon bald finden sich die drei Kinder und ihre Eltern im unglaublichsten Abenteuer ihres Lebens wieder.
Erhältlich bei Amazon

Leseprobe aus dem Buch
Das Luhg Holiday lag einsam am Waldrand und es war das einzige Hotel weit und breit. Wäre das morsche Holzschild mit den Lettern Luhg Holiday nicht gewesen, hätten wir es wohl gar nicht entdeckt. Und vielleicht wäre das besser gewesen.
Da es bereits dämmerte und ein Schneesturm angesagt war, entschlossen wir uns jedoch, dort einzukehren und nach zwei Doppelbettzimmern zu fragen. Also parkten wir direkt vor dem recht verkommen aussehenden Haus und stiegen zögernd aus dem Wagen. Alle bis auf einen. Mein kleiner Bruder Jan grinste und hüpfte vorwitzig auf einem Bein die alte Holztreppe hoch, auf die verschlossene Eingangstür zu.
“Sieht nach Abenteuer aus”, stellte er zufrieden fest.
Nachdenklich folgte ich ihm und betrachtete mit eher gemischten Gefühlen den alten Türklopfer aus Messing, der wie eine Teufelsfratze aussah. Irgendetwas in mir schien mich zu warnen. Meine Eltern waren da weniger skeptisch und schoben mich energisch vorwärts, zumal sich gerade ein starker Wind aufmachte. Jan betätigte wie wild den Türklopfer.
“Es scheint niemand da zu sein. Da brennt ja auch gar kein Licht”, murmelte er enttäuscht.
Tatsächlich rührte sich nichts im Haus.
“Wahrscheinlich wird das Hotel nur im Sommer genutzt. Wer außer uns ist auch so verrückt, bei solch einem Wetter durch diese Einöde zu fahren?”, murrte Angela, die als Letzte ausgestiegen war. Sie war mit ihren vierzehn Jahren das älteste von uns drei Kindern, dann folgte ich, gerade mal elf Jahre jung und schließlich unser neunjähriges Nesthäkchen Jan.
Angela war die Vernünftige und in meinen Augen auch die Langweilige. Eben wollten wir schon umdrehen und uns zurück auf den kurzen Weg zum Auto machen, da tat sich plötzlich doch noch was. Knarrend öffnete sich die Tür und ein kleines verhutzeltes Männchen stand da mit einer Laterne in der Hand. Ja, es war wirklich eine Laterne mit einem Kerzenstummel darin. Entgeistert schaute ich auf ihn hinab, er war nicht viel größer als Jan und stand in schlechter Haltung leicht vornübergebeugt.
“Der Glöckner”, wisperte Jan kichernd hinter vorgehaltener Hand.
Das Männchen hatte einen blau-weiß gestreiften Pyjama an und trug dazu eine passende Zipfelschlafmütze, unter der ein zerknittertes Gesicht mit überdimensional großen Lauschlöffeln hervorlugte.
“Was wollt ihr?”, fragte es unfreundlich mit leicht krächzender Stimme.
“Wir suchen eine Unterkunft für die Nacht”, erwiderte Papa, nachdem er sich von seinem ersten Schrecken erholt hatte.
“Natürlich wollen wir keine Unannehmlichkeiten bereiten …”
“Unannehmlichkeiten, papperlapapp”, unterbrach ihn das Männlein verärgert.
“Erst wird man mitten in der Nacht aus dem Bett geholt und dann heißt es: keine Unannehmlichkeiten bereiten. Pah!”....

Autorenvita:

Christine Erdiç wurde 1961 in Deutschland geboren.
Sie interessierte sich von frühester Kindheit an für Literatur und Malerei und verfasste schon damals oft kleine Geschichten und Gedichte, die sie jedoch nie veröffentlichte.
Nach dem Abitur war sie in unterschiedlichen Bereichen tätig und reiste viel.
Seit 1986 ist sie verheiratet, hat zwei Töchter und lebt seit dem Millenium in der Türkei.
Unter anderem gab sie Sprachtraining an der Universität von Izmir, machte Übersetzungen und verfasste Berichte für die Türkische Allgemeine, eine ehemalige Zeitschrift in deutscher Sprache und gibt heute noch private Deutschstunden

Sonntag, 12. April 2015

"Stiefbrüder küsst man nicht" von Eva Markert

Klappentext:

Merle findet ihren Stiefbruder Dominik einfach nur blöd. Wenn er überhaupt mit ihr spricht, dann meistens grobklotzig und herablassend. Es dauert eine ganze Weile, bis ihr bewusst wird, dass sich ihr Verhältnis grundlegend geändert hat und sie bis über beide Ohren in ihn verliebt ist. Zunächst will sie das nicht wahrhaben und kämpft mit aller Macht dagegen an. Doch schließlich muss sie vor ihren Gefühlen kapitulieren, und die Situation wird noch komplizierter. Merle schlittert von einer fatalen Situation in die nächste, als sie versucht, Dominiks Liebe zu gewinnen. Erhältlich bei Amazon.


Leseprobe:

Schließlich fehlte nur noch Dominiks Weihnachtsgeschenk für mich. Doch der war so beschäftigt mit seinem neuen Navigationsgerät, dass er offenbar alles andere darüber vergaß. Erst als es plötzlich still wurde im Raum, blickte er auf. Abwartend schauten wir ihn an. „Oh ja, natürlich“, sagte er und griff neben sich. Er hielt mir ein kunstgerecht in Weihnachtspapier eingewickeltes Päckchen hin. Es sah aus wie ein Buch.
Mir klopfte ein bisschen das Herz, als ich es entgegennahm. Was hatte Dominik sich für mich einfallen lassen?
Es war tatsächlich ein Buch, das zum Vorschein kam. Das Cover zeigte einen tieforange leuchtenden Schmetterling auf dunkelblauem Grund. Der Titel lautete: „Schmetterlingsglühen“. Überrascht schaute ich Dominik an. Wie war er darauf gekommen, mir ausgerechnet dieses Buch zu schenken?
Er verstand die unausgesprochene Frage in meinem Blick. „Ich hatte keine Ahnung, was ich für dich besorgen sollte“, begann er. „Aber ich weiß ja, dass du gerne liest. Deshalb bin ich in eine Buchhandlung gegangen und habe mich beraten lassen. Man hat mir diesen Roman empfohlen. Er steht auf allen Bestsellerlisten.“
„Schmetterlingsglühen“, warf Mama ein, „hat dieser Roman nicht gerade einen Literaturpreis gewonnen?“
„Genau“, antwortete Dominik, „und deshalb ist es ein Bestseller. Das ganze Schaufenster war voll davon.“
Ich las den Klappentext. Es ging um einen Schmetterlingssammler, der beim Anblick seiner aufgespießten Schmetterlinge auf poetische Weise über das Leben philosophierte. Das klang, offen gestanden, nicht besonders spannend.
„Meinst du, dir gefällt das Buch?“, fragte Dominik. Ich hörte den leisen Zweifel in seiner Stimme.
„Ich sag’s dir, wenn ich es ausgelesen habe“, antwortete ich. Denn dass ich das Buch lesen würde, war für mich Ehrensache, weil er es mir geschenkt hatte.
Noch am selben Abend im Bett fing ich damit an. Doch schon auf der zweiten Seite stockte ich: „Mit seinen Pfauenaugen durchdrang er die Löcher der Zeit.“ Was sollte das bedeuten? Waren mit den „Pfauenaugen“ Schmetterlinge gemeint oder die Augen der Hauptfigur? Und was hatte ich mir unter „Löchern der Zeit“ vorzustellen? Ich las weiter, aber eine Antwort blieb mir der Autor schuldig. Auf der vierten Seite fielen mir die Augen zu. Ich konnte das Buch gerade noch beiseitelegen und die Lampe ausknipsen, bevor ich einschlief.
An den Feiertagen machte ich noch mehrere Anläufe, das Buch zu lesen. Ich kam insgesamt bis auf Seite 40, dann gab ich auf. Warum die Literaturkritiker diesen Roman so gut fanden, dass sie dem Verfasser einen Preis zusprachen, war mir ein Rätsel.
Interessehalber las ich mir ein paar Rezensionen im Internet durch. Einige Leser schwärmten in den höchsten Tönen. Wenn ich mir allerdings ihre Begründungen ansah, falls sie überhaupt welche gaben, hatte ich das Gefühl, dass jeder von ihnen ein anderes Buch gelesen hatte. Einige Leute sahen das aber genauso wie ich und schrieben, dass „Schmetterlingsglühen“ hochgestochener, literarischer Quatsch wäre und stinklangweilig. Sie drückten es vornehmer aus, aber das meinten sie.
„Hast du schon mal in das Buch reingeguckt?“, fragte mich Dominik ein paar Tage nach Weihnachten.
Ich hätte mir gewünscht, dass er mich das nicht fragte. Aber ich wollte ihm nichts vormachen und nickte. „Ich habe mehrmals darin gelesen. Leider gefällt es mir überhaupt nicht.“
„Das habe ich befürchtet“, antwortete Dominik düster. „Nachdem ich den Roman gekauft hatte, habe ich ihn mir nämlich im Internet näher angesehen, und ich gebe zu, ich war heilfroh, dass ich mir den Schinken nicht zu Gemüte führen musste. Selten einen derartigen Schwachsinn gelesen.“
Wir guckten uns an. Um seine Mundwinkel zuckte es. Um meine auch. Ich unterdrückte ein Glucksen, Dominik gab einen erstickten Laut von sich. Und dann platzten wir gleichzeitig los. Wir lachten, bis uns die Tränen kamen.
„Schade“, keuchte Dominik, „dass wir einen Kamin haben. Dann könnten wir die Schwarte wenigstens verfeuern.“
„Aufgrund der enorm festen Papierqualität eignen sich die Seiten noch nicht mal als Klopapier“, brachte ich mühsam hervor.
Und über noch etwas waren wir uns einig: Das Cover war das Beste an dem Buch. Dieser orange glühende Schmetterling sah wirklich hübsch aus. Das Buch machte sich gut im Regal.



Autorenvita:

Eva Markert ist von Beruf Studienrätin mit den Fächern Englisch und Französisch, und sie besitzt ein Zertifikat für Deutsch als Fremdsprache. Außerdem ist sie staatlich geprüfte Übersetzerin.
Hobbymäßig arbeitete sie viele Jahre als Lektorin und Korrektorin in einem kleinen Verlag mit.
Eva Markert schreibt Kinder- und Jugendbücher, Romane und Kurzgeschichten.

Sonntag, 5. April 2015

Die Hexenschülerin von Rotraud Falke-Held





Die Hexenschülerin

Klappentext:

Carolin und Nick helfen in den 1980er Jahren bei der Renovierung der Burg Dringenberg. Dabei machen sie einen ungewöhnlichen Fund. Im Rittersaal sind alte Aufzeichnungen aus der Gründungszeit des Ortes versteckt. Geschrieben wurden sie von dem Mädchen Clara, die 1322 als Zwölfjährige mit ihren Eltern in den neuen Ort auf den Berg zog.

Clara hat eine gefährliche Gabe – sie ist hellsichtig und wird dafür sogar von ihrer eigenen Großmutter verachtet. Aus Angst, als Hexe angesehen zu werden, versucht Clara ihre Gabe geheim zu halten. Aber sie kämpft gegen alle Regeln und Konventionen ihrer Zeit an. Sie fühlt sich zerrissen und unglücklich, denn sie hat Träume, die sich mit dem Frauenbild des
14. Jahrhunderts nicht vereinbaren lassen.
In dem neuen Dorf zieht die geheimnisvolle Odilia sie in ihren Bann. Odilia ist eine gebildete Frau mit einer völlig anderen Lebensanschauung. Sie bestärkt Clara darin, ihren eigenen Weg zu gehen. Doch der ist gefährlich. Odilia gerät bald in den Verdacht, eine Hexe zu sein. Und auch Clara als ihre Schülerin befindet sich in großer Gefahr.

Die Hexenschülerin ist eine spannende Zeitreise für Mädchen und Jungen ab 10 Jahren.
Es hat 256 Seiten, darin enthalten sind einige Wissensseiten zu der Frage „Was ist wahr, was ist erfunden?“

ISBN: 978-3-7357-7920-5

Das Buch gibt es bei Amazon, BoD oder im Buchhandel. Oder bei der Autorin.


Leseprobe aus Kapitel 10: Geheimnisse und ein böser Traum

Die Kutsche fuhr durch den dichten Wald. Der Himmel sah be­drohlich aus, Regen stürzte herab. Jetzt war auch das dumpfe Dröhnen des nahenden Donners zu hören. Blitze zuckten durch den düsteren Wald. Der Weg war kaum noch passierbar. Doch die Pferde kämpften sich verbissen voran. Der Kutscher trieb sie mit der Peitsche an, sie mussten das Dorf erreichen. Sie durften nicht in diesem Schlammloch stecken bleiben.
Doch plötzlich fuhr ein Blitz direkt in einen Baum. Sofort fing der Baum Feuer. Er brannte lichterloh und stürzte. Er fiel genau auf die Kutsche, die unter seiner Kraft zerschellte, als wäre sie ein winziges Kästchen. Der Kutscher sprang vom Bock und konnte sich gerade noch retten. Er lag im Dreck, der Regen prasselte weiter auf ihn ein. Die Pferde wieherten unruhig und versuchten, los zu kommen von ihrer Last, an der sie gefesselt waren. Sie wollten fliehen. Der Bretterhaufen, der eben noch eine Kutsche gewesen war, fing Feuer.
„Aaaah!“ Schweißgebadet erwachte Clara.
„Was ist?“, rief Uta, die von Claras Schrei aufgewacht war.
Im nächsten Moment stürzte Dorothea in das Zimmer. Sie er­kannte sofort die Not ihrer Tochter, setzte sich zu ihr und zog sie in ihre Arme. „Was ist passiert, Clara?“
„Da war eine Kutsche – sie wurde von einem umstürzenden Baum getroffen. Sie – sie….“
„Es war ein Traum, Clara. Nur ein Traum.“
Clara atmete schwer an der Schulter ihrer Mutter.
Ganz allmählich beg­riff sie, dass sie sich in ihrem Zimmer befand, in ihrem Bett. Dass sie diese ganze Szene nur geträumt hatte.
Nur geträumt.
Ihr Atem beruhigte sich langsam. Dorothea strich ihr in gleichmä­ßigen, zärtlichen Bewegungen über das lange, rote Haar.
„Nur ein Traum“, wiederholte sie. „Solche Unfälle geschehen so oft. Vielleicht hast du mal davon gehört?“
„Es war so realistisch“, schluchzte Clara. „Und so – so – gespens­tisch.“
„Ich weiß. Das gibt es. Träume, die einem ganz wirklich vorkom­men. Beim Aufwachen weiß man zuerst gar nicht recht, wo man sich befindet. Aber dennoch sind es nur Träume.“
„Ja. Nur Träume.“
Clara lachte etwas nervös und befreite sich aus den Armen der Mutter.
„Geht es wieder?“, fragte Dorothea.
Clara nickte. Sie sah sich um. Im Zimmer war es hell, Clara konnte alles erkennen, was ihr vertraut war. Das Bett ihrer Schwester und Uta, die sich wieder hinein gekuschelt hatte. Die Truhe an der einen Wand und der kleine Hocker. Die Mutter, die mit langen, zerzausten Haaren auf ihrem Bett saß. Draußen war es noch dunkel, nur der Mond schien direkt in ihr Fenster.
„Deshalb ist es so hell hier“, meinte sie. Sie sprach es laut aus, einfach um ihre eigene Stimme zu hören, die sie ein weiteres Stück in die Wirklichkeit führte.
Dorothea folgte ihrem Blick. „Ja, es ist Vollmond. Viele Men­schen träumen gerade dann schlecht, sagt Cäcilia.“
Clara nickte. Ihr Atem war jetzt wieder ganz ruhig.
Es war nur ein Traum.



Zur Autorin:

Rotraud Falke-Held wurde 1964 in Bad Driburg geboren.
Schon in der Grundschulzeit entdeckte sie die Freude am Schreiben.
Doch zunächst absolvierte sie eine solide kaufmännische Ausbildung und kann heute auf eine 20jährige Berufstätigkeit zurückblicken.
Nach der Geburt ihrer Kinder - in den Jahren 2000 und 2001 – gab sie ihre Berufstätigkeit auf. Sie begann, sich spannende Geschichten auszudenken – zunächst nur für ihre eigenen Kinder.
2009 erschien ihr erstes Kinderbuch „Der kleine Bär Tapp“ im Monolith Verlag.
Seither sind einige Kinder- und Jugendbücher von ihr erschienen, altersmäßig wachsen die Geschichten mit dem Alter ihrer eigenen Kinder.
Rotraud Falke-Held lebt mit ihrem Mann, zwei Kindern und der Hundedame Cacy in Büren.