Sonntag, 31. Mai 2015

„Der Richter aus dem Schattenreich, Fletchers erster Fall“ von Rudolf Otto Schäfer



              

Klappentext:

Fletcher, ein unscheinbarer und durchschnittlicher Typ, will nach der Trennung von seiner Frau und dem nachfolgenden Umzug in ein kleines englisches Dörfchen, eigentlich nur seine Ruhe haben. 
Als aber Tom, der quirlig-nervende Geist eines Teenagers plötzlich Kontakt zu ihm aufnimmt und ihn um Hilfe bittet, ist es mit der Ruhe schlagartig vorbei. 
Dämonische Mächte planen die Menschheit zu versklaven. 
Zusammen mit der attraktiven Alison - Besitzerin eines Esoterik-Geschäfts und selbst ernannte Fachfrau für übersinnliche Phänomene, nehmen sie den Kampf auf. 
Wird das ungleiche Trio die Welt retten können? 


Leseprobe:

Das war wohl das Falscheste was ich hätte sagen können. Das Ding blähte sich auf und im ganzen Haus wurde es dunkel wie die Nacht. Eine Stimme so dunkel und bedrohlich wie sie nur aus der Hölle kommen konnte, schrie: „Menschlein, du hast angefangen mit Dingen zu spielen, die du nicht mal ansatzweise verstehen kannst oder wirst! Ich rate dir, pack deine Sachen und verschwinde aus diesem Ort! Lauf so weit du nur kannst und komm niemals wieder zurück!“
Ich schluckte und in meinen Ohren war wieder dieses grausame Pfeifen, wie ich es schon so oft hatte. Unwillkürlich hatte ich mich nach unten geduckt und versuchte in der Schwärze des Flures etwas zu erkennen. Ich meinte, ganz hinten im Dunkeln so etwas wie eine große Person stehen zu sehen, aber ich konnte mich auch irren.
Das Einzige was mir einfiel, war: „Sagt wer?“
In dem Moment, in dem mir das herausrutschte, hätte ich mir am liebsten selber eine geknallt! Ich und meine große Fresse wieder!
Die schwarzen Schlieren zogen sich immer mehr zusammen und bildeten zum Schluss eine feste Person. Das milderte meine Angstgefühle aber um keinen Deut. Denn jetzt stand – keine vier Meter von mir entfernt – eine fast zwei Meter große, in einen Kapuzenmantel gehüllte Gestalt.
Sie hob den Arm und deutete mit einer geschwärzten Hand auf mich. Es knallte laut und die Gestalt war von jetzt auf gleich verschwunden und tauchte keine Armlänge vor mir wieder auf.
Ich rutschte langsam mit meinem Rücken an der Tür nach unten. Dieses Ding schaute auf mich herab.
Erhältlich bei Amazon und Google Play



Rudolf Otto Schäfer wurde am 13.02.1968 in Lennestadt Sauerland geboren. Von der Natur und drei Schwestern umgeben wuchs er in einfachen Verhältnissen auf. Nach erfolgter Schullaufbahn und dem Willen seiner Eltern durfte er nicht den erträumten, sondern den gewünschten beruflichen Weg einschlagen. Statt sich dem Studium zu widmen, lernte er Metall nach allen Regeln der Kunst zu bearbeiten. Sich in Fantasiewelten zu flüchten, schien die einzige Möglichkeit zu sein, dieses durchzuhalten. Bücher wurden verschlungen und die Begierde groß, selber zu schreiben. Nach einem Fachstudium und diversen anderen Arbeitsbereichen machte er sich kaufmännisch selbständig und eröffnete nebenbei noch ein Esoterik Geschäft. Sich mit Büchern zu umgeben und auf einfach unglaubliche Menschen zu treffen, schienen das Leben perfekt zu machen.
Da aber eine Familie nicht vom Lebensglück allein ernährt werden kann, arbeitet er seit 2007 am Airport. Nach einigen Kurzgeschichten hat er 2014 seinen ersten Fantasy Krimi auf dem Markt gebracht, dem noch zahlreiche andere folgen sollen.
Lebenserfahrung, eigene Erlebnisse und Humor spiegeln sich in seinen Kurzgeschichten und in seinen Büchern wieder. Bisher erschienen sind: Der Richter aus dem Schattenreich und Das dunkle Ritual. Beides sind Fantasy – Krimis für Jugendliche und Erwachsene. Spannung mit einem gehörigen Anteil Humor. Fertiggestellt wurde 2015, dass Kinderbuch „Kiara und das Schimpfmonster“. Eine Fantasy - Geschichte für die ganz Kleinen. Ein Vorlesebuch über Mut und Freundschaft.
Link zur FB Fanpage: https://www.facebook.com/fantasyschaefer 

Sonntag, 24. Mai 2015

"Herzenswut" von Eva Markert

Klappentext:

Sina hat sich unsterblich verliebt – ausgerechnet in Jörg, den Freund ihrer Mutter, und sie glaubt felsenfest, dass er ebenfalls Gefühle für sie hegt. Als Jörg und ihre Mutter dann aber heiraten, bricht Sinas Welt zusammen. Sie beschließt, alles auf eine Karte zu setzen – mit fatalen Folgen. Nicht nur ihr Leben gerät völlig aus den Fugen. Bis dramatische Ereignisse Sina dazu zwingen, sich mit ihrer Familie und sich selbst auseinanderzusetzen.
Erhältlich bei Amazon.

Leseprobe:

Inzwischen gab es für Sina keine Zweifel mehr: Sie war keineswegs in Jörg verknallt – weit gefehlt! -, sondern sie liebte ihn. Er war der Mann ihres Lebens, den ihr das Schicksal bestimmt hatte. Sie zermarterte sich den Kopf darüber, wie sie herausfinden könnte, ob er das ebenfalls spürte.
Sie nahm sich fest vor, diese Liebe in ihrem Innersten einzuschließen und zu niemandem davon zu sprechen. Keiner durfte etwas ahnen, am allerwenigsten ihre Mutter! Bis der Tag kam, an dem sich Jörg offen zu ihr bekannte. Und dieser Tag würde kommen, das wusste sie genau, denn es war ganz und gar unmöglich, eine solche tiefe Liebe bis in alle Ewigkeit geheim zu halten.
Ha! Da würde ihre Freundin sich aber wundern, wenn sie und Jörg ein Paar wurden! Aus allen Wolken würde sie fallen! Dann musste sie Sinas Gefühle für Jörg endlich ernst nehmen.
So ganz gelang es ihr trotzdem nicht, Jenny gegenüber den Mund zu halten. Zu voll waren Kopf und Herz, zu drängend ihre Fragen. „Wie kann ich bloß herausfinden, was er für mich empfindet?“, fragte sie einmal.
„Was soll er für dich empfinden? Du bist die Tochter seiner Freundin, und ich denke, er wird dich mögen.“
„Ich möchte wissen, ob mehr dahintersteckt als nur mögen.“
„Mensch, Sina! Was soll das?“ Zum ersten Mal schien Jenny alarmiert. „Er ist der Lover deiner Mutter! Vergiss das nicht!“
Sina winkte ab. Wie man sah, war es zwecklos. Jenny hatte keine Ahnung. Sie sprach von „mögen“, während es Sina um die große Liebe ging. Nein, sie musste allein einen Weg finden.
Als Jenny und sie nach der Schule einen Stadtbummel machten, blieben sie vor einer Boutique stehen. Im Schaufenster lagen die schönsten Tops, die man sich vorstellen konnte. Sina entdeckte ein tolles für nur zehn Euro. Das T-Shirt war giftgrün, und vorne drauf war in knallroter Schrift zu lesen: „I love ...“ Auf der Rückseite stand: „... XXX“
Jenny war von diesem Oberteil ebenfalls begeistert. „Das kaufe ich mir“, sagte sie. „Und außer Daniel und mir weiß niemand, was XXX bedeutet. Das finde ich cool.“
Sina lachte laut auf. „Das glaubst aber auch nur du! Die halbe Welt weiß, in wen du verknallt bist.“
In diesem Augenblick durchfuhr es sie wie ein Blitz. Ja, das war eine glänzende Idee! „Ich kaufe mir das Shirt ebenfalls!“, rief sie.
„Und für wen willst du es tragen, wenn ich fragen darf?“, erkundigte sich Jenny ein wenig spitz.
„Anders als bei dir ist das XXX bei mir ein echtes Geheimnis.“
„Pf“, machte Jenny, „ich hoffe, du meinst nicht Jörg!“
Sina gab keine Antwort.
Die Stimmung schlug um, beide waren sie gereizt. Doch als sie kurz darauf den Laden verließen, jede mit einer Tüte in der Hand, kicherte Jenny plötzlich. „Eigentlich praktisch, die drei X. Wenn es aus ist und du einen neuen Freund hast, brauchst du das Oberteil nicht gleich wegzuschmeißen.“
Sina kicherte ebenfalls, und gleichzeitig dachte sie: „Das wird nie passieren. Ich bleibe Jörg treu bis an mein Lebensende.“
Hauptsächlich hatte sie sich das Teil gekauft, um ihn auf die Probe zu stellen, und nun wartete sie auf eine günstige Gelegenheit. Sie wollte es zum ersten Mal anziehen, wenn sie mit ihm allein war. Vermutlich würde er sie fragen, wer sich hinter XXX verbarg. Dann konnte sie ihm einen klitzekleinen Hinweis geben. Zum Beispiel sagen, dass er es eigentlich wissen müsste. Oder ihn raten lassen. Mal sehen, wie er darauf reagierte.
Die günstige Gelegenheit ergab sich bald. Ihre Mutter war einkaufen gegangen und Jörg kam früher nach Hause als sonst. Als sie ihn die Haustür aufschließen hörte, schlüpfte sie schnell in das T-Shirt und lief in den Flur. „Wie schön, dass du schon da bist!“
„Ein Kunde hat eben abgesagt. Das kam mir offen gestanden ganz gelegen!“ Er lachte sie an, ohne das neue Oberteil zu bemerken.
Sie folgte ihm ins Wohnzimmer. „Wie findest du mein neues T-Shirt?“
Er blickte kurz hin. „Hübsch. Steht dir gut.“
„Guck mal, was draufsteht.“ Sie drehte sich vor ihm, damit er die Aufschriften vorn und auf dem Rücken sehen konnte.
„Heißt das, du bist verliebt?“, erkundigte er sich augenzwinkernd.
„Das könnte man sagen.“ Vielsagend schaute sie ihn an.
Ob er das richtig verstanden hatte? Zumindest fragte er nicht weiter. Oder wollte er dem Gespräch aus Angst vor Entdeckung aus dem Weg gehen? Verdammt noch mal, wenn er sie wirklich liebte, dann wurde es langsam Zeit, dass er das zugab!
„Hallo! Wo seid ihr?“, klang da die Stimme ihrer Mutter aus dem Flur.
Sina zuckte zusammen, als ob sie auf frischer Tat ertappt worden wäre. Gleichzeitig flammte Ärger in ihr auf. Musste die ausgerechnet jetzt zurückkommen?
Jörg eilte sofort hinaus, um ihr mit den Einkaufstaschen zu helfen. Mist! Mist! Mist! Wäre sie etwas später gekommen, hätte er bestimmt noch was zu den drei X gesagt. Nun blieb ihr nichts anderes übrig, als auf einen anderen günstigen Moment zu warten.


Autorenvita:

Eva Markert ist von Beruf Studienrätin mit den Fächern Englisch und Französisch, und sie besitzt ein Zertifikat für Deutsch als Fremdsprache. Außerdem ist sie staatlich geprüfte Übersetzerin.
Hobbymäßig arbeitete sie viele Jahre als Lektorin und Korrektorin in einem kleinen Verlag mit.
Eva Markert schreibt Kinder- und Jugendbücher, Romane und Kurzgeschichten.

Sonntag, 17. Mai 2015

„Ausgerechnet Liebe“ von Tina Zang



Kurzbeschreibung:

"Die Liebe ist eine höchst verzwickte Angelegenheit. Manchmal überfällt sie einen so
gnadenlos, dass es keinen Zweifel gibt. Manchmal kommt sie langsam angeschlichen. Oder sie versteckt sich hinter einem anderen Gefühl und macht dann plötzlich Buh!, wenn man am wenigsten damit rechnet."
Luca ist gerade 14 geworden und verliert sich gern in Tagträumen. Nach dem Fiasko an ihrem Geburtstag - warum musste ihre Mutter ausgerechnet ihren Schwarm Ron und ihren Lieblingsfeind Fredo einladen? - beschließt sie, ihr Leben endlich in den Griff zu kriegen. Wenn ihr nur die Liebe nicht ständig dazwischenfunken würde!
Der süße Ron hält sie leider für komplett bescheuert. Ob Anschmachten überhaupt noch einen Sinn hat? Und dann wäre da Bela aus der Theater-AG, der Luca einfach zu seiner Freundin erklärt hat. Inzwischen entwickelt ihr Lieblingsfeind Fredo fast schon Stalkerqualitäten. Das Chaos ist perfekt. Und alles wegen der verflixten Liebe ...

Erhältlich als E-Book bei Amazon und Thalia.


Leseprobe

Kapitel 1

Ich hockte auf der Mauer hinter dem Wartehäuschen, in das sich die anderen drängten, die auf den Schulbus warteten. Es nieselte an diesem Aprilmorgen und ich freute mich direkt auf das beheizte Klassenzimmer. Meine Freundin Nisha kam um die Ecke, befühlte die kalte Mauer und blieb lieber stehen. »Mensch, Luca, das ist ja schlimm, was da passiert ist«, sagte sie betroffen.
Ach du je, hatte ich wieder etwas nicht mitbekommen? Tante Rieke, die vorübergehend bei uns wohnte, lag mir ständig damit in den Ohren, dass ich vor lauter Tagträumen mein halbes Leben verpasste.
So, wie Nisha dreinschaute, musste etwas Entsetzliches geschehen sein. Hatte meine kleine Schwester Diggy ihre Drohung wahrgemacht und in der Schulaula das Foto ausgehängt, das sie im Winterurlaub auf Gran Canaria von meinem mit Sand panierten Hintern aufgenommen hatte? Diese Aktion wäre ihr durchaus zuzutrauen.
Nisha strich sich eine Strähne ihres feinen, blonden Haares hinters Ohr und meinte mitfühlend: »Ich hoffe, du kommst bald drüber weg.«
»Ist halb so schlimm«, sagte ich, weil ich nicht zugeben wollte, dass ich keinen Schimmer hatte, wovon sie sprach. Durch geschicktes Fragen würde ich schon herausfinden, was passiert war.
»Ron hat dich sowieso nicht verdient«, sagte Nisha.
Aha, es ging um einen Jungen namens Ron. Nie gehört. »Ich kenne keinen Ron«, gab ich zu.
»Klar, dass du jetzt so reagierst.« Nisha nickte verständnisvoll. »Das nennt man Verdrängung. Tu ruhig so, als ob er dir am Arsch vorbeigeht, dann kommst du am schnellsten drüber weg, wie er dich abgefertigt hat. Du warst aber auch ein bisschen naiv, oder? Ich meine, du hattest davor noch keinen Satz mit ihm gewechselt und dann machst du ihm aus heiterem Himmel eine glühende Liebeserklärung. Das war schon der Hammer.«
Ich musste eine Doppelgängerin haben. Anders konnte ich mir nicht erklären, dass ich einem mir unbekannten Typen eine Liebeserklärung gemacht hatte, von der ich nichts wusste. Ich mochte ja manchmal etwas geistesabwesend sein, aber das hätte ich doch mitgekriegt, oder?
Easy gesellte sich zu uns. Sie ist die Tratschkönigin der Schule. Von ihr würde ich endlich alle Details erfahren.
»Hi, du altes Streifenhörnchen«, sagte ich betont fröhlich.
Easy trägt grundsätzlich nur gestreifte Klamotten. Egal ob quer oder längs, ob breite oder schmale Streifen.
Nisha raunte Easy zu: »Sie nimmt es ganz schön tapfer.«
Easy starrte mich mit glühender Bewunderung an. »Das war ja echt laser, was du da gemacht hast. Seit Ron an der Schule ist, sind alle Girls nach ihm verrückt und tuscheln und schreiben Liebesbriefchen, die sie dann wieder zerreißen – ich habe selbst auch einen verfasst, das gebe ich offen zu. Aber keine traut sich so recht an diesen Wunderknaben heran, und dann kommst du und erklärst ihm, dass er deine große Liebe ist und so weiter. Zu dumm, dass ich nicht dabei war. Daraus hätte ich einen tollen Artikel machen können. Ron – alle wollen ihn, keine hat eine Chance
Sie redet gern in Schlagzeilen.
Nisha seufzte bekümmert. »Ich wäre auch gern dabei gewesen, dann hätte ich Luca nach der Abfuhr gleich trösten können.«
Gut, dass ich selbst nicht dabei gewesen war. Da war mir anscheinend eine ziemlich peinliche Situation erspart geblieben. Nur, wo kam das Gerücht her, dass ich diesen Ron angebaggert hatte?
»Und wer war dann dabei?«, fragte ich.
»Na, niemand«, sagte Easy. »Nur ihr beide, allein an der Brücke beim Entenfüttern. Es hätte so romantisch sein können. Zwei Enten im Mondschein. Obwohl es ja Tag war, aber egal. Ein bisschen journalistische Freiheit darf man sich nehmen.«
Ich hatte also Enten gefüttert. Diese Information half mir nicht weiter. »Tja«, sagte ich. Das reicht für gewöhnlich, um Easy zum Weiterquasseln zu bringen.
»Aber wie ich dich kenne«, sagte sie auch prompt, »hast du alles falsch gemacht und bist die Sache viel zu konfus angegangen, wie das nun mal deine Art ist. Also, ich hätte dir da aus meinem reichen Erfahrungsschatz einiges anzubieten gehabt, aber mich hast du ja nicht gefragt.«
»Mich auch nicht«, schmollte Nisha.
Ich mag eine Träumerin sein, aber ich kann trotzdem logisch denken, darum schloss ich messerscharf: Wenn ich mit Ron allein gewesen war, dann musste er es gewesen sein, der die Story von unserer Begegnung an der Brücke in Umlauf gebracht hatte.
Ob er über eine andere Luca sprach? Soweit ich wusste, hatte ich an der Schule keine Namensvetterin. Auch sonst gab es in meinem Dunstkreis kein Mädchen dieses Namens. Trotzdem musste eine Verwechslung vorliegen. Irgendwie spannend, das Ganze. Und genau genommen auch ziemlich fies. Denn egal, welche Luca nun gemeint war, das war ja wohl das Letzte von diesem Super-Ron, dass er gleich herumerzählte, wie er sie abgefrühstückt hatte. So etwas tut man nicht. Schon mal was von Diskretion und Feingefühl gehört, der Herr?
Wie so oft ging die Fantasie mit mir durch und ich stellte mir vor, wie Luca II, wie ich sie jetzt nannte, zitternd und mit allem Mut, den sie aufbrachte, ihre Gefühle vor Ron ausbreitete, woraufhin er nichts Besseres zu tun hatte, als darauf herumzutrampeln und sie hinterher vor all ihren Freunden zur tragischen Figur zu machen, indem er es jedem, der es wissen wollte oder nicht, brühwarm erzählte. Na, dem würde ich die Tour vermasseln!
»Jetzt kriegt euch wieder ein«, sagte ich zu Nisha und Easy und hüstelte bedeutungsvoll. »Es war genau umgekehrt. Ihr wisst doch, dass ich nie auf dem Laufenden bin, darum hatte ich keinen Schimmer, dass hier ein neuer Mädchenschwarm herumläuft. Ich hockte gestern völlig ahnungslos und in einen schönen Tagtraum versunken auf dem Brückengeländer, als der Kerl ankam und ein paar total abgenutzte Sprüche losließ und mich zu begrapschen anfing. Das hat mich sofort abgetörnt. Ich hab ihm gesagt, er soll mich in Ruhe lassen«, berichtete ich weiter und steigerte mich so richtig in meine Geschichte hinein. »Aber er wurde immer zudringlicher. Als ich mich wehren wollte, hat er versucht, mich vom Geländer schubsen. Der fand sich wohl reichlich cool. Ich habe ihm eine geknallt und bin gegangen. So war das! Bis eben wusste ich nicht mal, dass er Ron heißt, denn er hatte es ja nicht nötig, sich vorzustellen.«
»Ach, deshalb hast du vorhing gesagt, dass du keinen Ron kennst«, meinte Nisha.
Prima, meine Story fügte sich nahtlos in die Tatsachen ein.
»Mann, wenn ich das herumerzähle, wie du Ron abgefertigt hast!«, freute sich Easy. »Der Schöne und das Biest. Coole Story.«
»He, bloß nicht!«, wehrte ich schnell ab, aber ich wusste, dass es zwecklos war. Easy hält nie den Mund, wenn es etwas Aufregendes zu erzählen gibt, und für Easy ist alles aufregend. Sie liest sogar morgens die Tageszeitung, um nichts zu verpassen, was in der Welt so passiert.
»Na hör mal, das müssen doch alle erfahren, was für eine billige Vorstellung der abgeliefert hat«, beharrte sie.
»Ja, schon gut.« Ich hatte schon so viele peinliche Situationen überlebt, da kam es auf eine mehr nicht an. Ich tröstete mich damit, dass es keine Zeugen des Vorfalls gab. Also würde mein Wort gegen Rons Wort stehen. Dumm war nur, dass er natürlich wissen würde, dass ich Unfug erzählt hatte. Aber das konnte mir doch egal sein. Der Typ war bei mir sowieso unten durch. Dachte ich.
In der großen Pause dachte ich das nicht mehr. Da zeigte mir Nisha den sagenhaften Ron, und ich war total geplättet, denn er gefiel mir schon aus der Ferne wahnsinnig gut.
Inzwischen hatte Easy meine Version der Geschichte erfolgreich in der Schule verbreitet und ich wurde von allen Seiten dumm angequatscht.
»Bist du doof, dir so eine Chance entgehen zu lassen?«
»Wenn ich an der Brücke gewesen wäre, hätte Ron mich gern ins Wasser schubsen dürfen.«
»Bist du lesbisch, oder was?«
»Wie konntest du es wagen, ihn zu ohrfeigen. Du bist ja unzurechnungsfähig!«
Langsam wurde es brenzlig, doch da kam mir Silke zur Hilfe. Sie ist so breit wie sie groß ist, und alle haben einen Heidenrespekt vor ihr, weil sie als Sport Ringen betreibt. Silke stellte sich breitbeinig vor mich, mit dem Rücken zu mir.
»Willst du meine dunkle Ecke sein, in der ich mich verstecken kann?«, fragte ich sie.
»Gerne.« Sie verschränkte die Arme. »Gleich wird es nämlich heftig. Da kommt Mr. Supertyp persönlich und will ein Hühnchen mit dir rupfen. Mal sehen, ob er sich an mir vorbeitraut.«
Silke ist zwar nicht direkt eine Freundin von mir, aber sie hat den unwiderstehlichen Drang, Schwächere zu beschützen. Da im Prinzip jeder schwächer ist als sie selbst, ist sie an der Schule der Bodyguard für jeden, der gerade einen braucht. Ich drückte mich eng an ihren Rücken und stierte an ihrem Arm vorbei Ron an. Irre süß, der Typ, so richtig zum Knutschen und dabei total cool und ein bisschen verwegen. Eine tolle Mischung. Wieso war er mir bisher nicht aufgefallen?
Der süße Typ steuerte direkt auf mich zu, umrundete Silke und baute sich vor mir auf. »Sag mal, bist du diese Luca?«
Ich sah mich um, als wäre ich mir nicht sicher, ob er mich meinte. »Wie, welche Luca?«
Er stemmte die Fäuste in die Seiten. »Na, die, die mir angeblich eine geknallt hat.«
»Ich?«, tat ich entsetzt. »Ich würde niemals jemandem eine knallen.« Das war immerhin keine Falschaussage und konnte somit nicht gegen mich verwendet werden.
Silke schob sich wieder zwischen Ron und mich. Er zog kopfschüttelnd davon.
In der nächsten Schulstunde stand, oder vielmehr saß, ich komplett neben mir. In Gedanken ging ich wieder und wieder die Szene auf dem Schulhof durch. Das hätte anders laufen müssen.

Etwa so:
Ron, finster: »Sag mal, bist du diese Luca?«
Ich, ganz relaxed: »Hey, und du bist dieser Ron, ja? Toll, was wir uns jetzt richtig kennenlernen, damit die albernen Gerüchte über uns aufhören.«
Rons böse Mine weicht einem Lächeln. Er hakt mich unter. »Guter Plan.«

Oder noch besser so:
Ron, finster: »Sag mal, bist du diese Luca?«
Ich, den Tränen nahe: »Ja, und es tut mir so leid, dass ich diesen Mist über uns erzählt habe. Weißt du, du hast mich völlig durcheinandergebracht. So ein toller Junge wie du ist mir noch nie begegnet.«
Ron, besänftigt und geschmeichelt: »Danke. Ich find’s cool, dass du dazu stehst.«
Ich, mutig: »Um ganz ehrlich zu sein, würde ich total gern mit dir ein Eis essen gehen.«
Ron, flirtend: »Wenn ich dir danach die Sahne von den Lippen lecken darf, gern.«
Dann küsst er mich. Seine Lippen schmecken nach Vanilleeis.

Mir fielen die Augen halb zu, während ich mir das in allen Details ausmalte. Easy riss mich aus meinen Träumen, indem sie mir ihren Lippenstift in die Hand drückte.
»Was soll ich damit?«, fragte ich flüsternd.
»Na, du hast doch trockene Lippen, oder wieso leckst du ständig darüber?«


Über die Autorin:
Tina Zang hat sich einen Namen gemacht mit ihren frechen und ungewöhnlichen Kinder- und Jugendbüchern. Sie schreibt seit zwanzig Jahren, weil es nichts gibt, was sie glücklicher macht ... außer Singen und Katzen streicheln.