Sonntag, 24. April 2016

Die Jägerin – Vergangenheit und Gegenwart von Nadja Losbohm



Band 3

Kurzbeschreibung

Vor der eigenen Vergangenheit kann man nicht fliehen. Das muss auch die Jägerin erkennen, und als sie am wenigsten damit rechnet, begegnet sie einem einst geliebten Menschen, der ihr viel Schmerz zugefügt hat.

Doch auch mit der Gegenwart muss Ada sich befassen, denn eine neue Gefahr bedroht ihre Heimatstadt…
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Leseprobe

„Und wo ist sie?”, fragte ich Pater Michael und drehte mich um die eigene Achse, immer noch auf der Suche nach der neuen Waffe.
„Sie steht direkt vor dir”, erwiderte er und sah zum Labortisch, der immer noch aussah wie eine Rumpelkammer.
Ich folgte seinem Blick und suchte in dem Chaos nach etwas, das aussah, als könne es mir helfen. Für mich war es aber nur ein einziges Durcheinander, bestehend aus Bunsenbrenner, Spateln, Pipetten, Handschuhen, Schutzbrille und weißem Pulver. „Ich weiß nicht, was du meinst”, sagte ich und sah fragend zu Pater Michael.
„Kommt ein Stück näher, und ich zeige es euch”, winkte er uns zu sich. Alex und ich wechselten verwirrte Blicke. Nach kurzem Zögern wagten wir uns weiter vor. Sofort fiel mir der schwere Geruch von Schwefel und anderen Chemikalien auf. Was zur Hölle hatte der Pater hier getrieben? Während wir uns an den Labortisch stellten, ließ ich ihn nicht aus den Augen, als könnte ich von seinem Gesicht ablesen, was das große Geheimnis war. Pater Michael starrte nur zurück und zwinkerte nicht einmal. Er hatte das perfekte Pokerface. Der Padre gab jedem eine Schutzbrille, die wir misstrauisch beäugten. „Die werdet ihr brauchen, und es wäre sicherer, wenn ihr noch einen Schritt zurücktretet”, meinte er und wartete darauf, dass wir seinen Befehl befolgten.
Ich war mir nicht sicher, was ich von alledem halten sollte, vertraute aber Pater Michaels Urteilsvermögen und trat nach hinten. Alex hingegen rührte sich nicht, und ich musste ihn am Arm packen und zurückziehen. Er war schon völlig weggetreten von den Dämpfen, die in der Luft hingen. Ich sah zu, wie Pater Michael sich ebenfalls eine Schutzbrille auf die Nase setzte. Trotz der fettigen Haare und dem ungepflegten Stoppelgesicht stand sie ihm wesentlich besser als mir. Tja, einen schönen Mann konnte eben nichts entstellen. Ich dagegen sah wohl eher wie Puck die Stubenfliege aus. Zu allem Überfluss zog er sich auch noch Schutzhandschuhe an. Sie waren aus einem dicken, festen Stoff und hatten eine hübsche goldgelbe Farbe. Es waren feuerfeste Handschuhe. Mir wurde langsam mulmig zumute, und das lag nicht an den Gerüchen in dem Labor.
„Das hier”, er hielt die Schale mit dem weißen Pulver vor unsere Nasen, „ist Kaliumchlorat.” Jetzt erst sah ich, dass es kein richtiges Pulver war. Es war grobkörniger und ähnelte eher Salz. „Es wird auch bei der Herstellung von Streichhölzern verwendet und ist in Verbindung mit Schwefel oder auch rotem Phosphor hochexplosiv. Ein wenig Reibung, ein kleiner Schlag genügen und es gibt ein gewaltiges Feuerwerk”, erklärte er. Mit großen Augen starrte ich das weiße Salz an. Dann suchte ich in dem Chaos auf dem Tisch nach dem allseits bekannten gelben Schwefel und rotem Phosphor. Wie auch immer roter Phosphor aussah. In Chemie war ich noch nie wirklich gut gewesen. Zum Glück konnte ich weder das eine noch das andere entdecken. Erleichtert atmete ich aus. Ich wollte zwar eine effektive Waffe haben, aber bitte nicht schon bei der Demonstration zu Asche zerfallen. „Statt Schwefel oder Phosphor, welches ich hier nicht habe, nahm ich Holzmehl. Ich habe einige Versuche durchführen müssen, bis ich die richtige Mischung gefunden habe. Aber jetzt dürfte es richtig sein”, verkündete er und lächelte zufrieden.

„Dürfte richtig sein?”, wiederholte ich seine Worte ungläubig. „Das heißt, du bist dir nicht sicher. Jedenfalls nicht zu einhundert Prozent.” Wenn jemand mit seinem Chemiebaukasten spielte, sollte er sich wirklich, wirklich, WIRKLICH sicher sein, was dabei herauskommt. Zumindest ist das meine Meinung.
Pater Michael rieb sich mit einer Hand den Nacken und sah zu Boden. „Nun ja, ich bin natürlich kein Chemieprofessor. Aber die letzten Experimente sind sehr vielversprechend verlaufen”, gab er zurück.
„Okay, das reicht!”, rief ich empört aus und nahm die dämliche Schutzbrille ab. „Deine Worte überzeugen mich nicht, Michael! Ich habe keine Lust, hier in die Luft zu gehen. Ich würde gern noch etwas weiterleben.” Damit warf ich die Brille vor ihn auf den Labortisch und steuerte die Tür an.
Plötzlich knallte es hinter mir. Ich fuhr erschrocken zusammen und wirbelte herum. Mir war fast das Herz stehen geblieben, und ich musste mich selbst kneifen, um zu wissen, ob ich noch lebte. Nur war ich die Einzige in dem Raum, die kreidebleich bei der unerwarteten Explosion geworden war. Pater Michael und Alex grinsten wie blöde und freuten sich wie kleine Jungen darüber, dass ein Gemisch aus Salz und Mehl laut gerumst hatte. „Ihr beide seid doch total bekloppt!”, schrie ich sie hysterisch an.
„Ada, es hat funktioniert!”, rief mir Alex zu und sprang vor Euphorie fast in die Luft. Dann klopfte er dem Padre anerkennend auf die Schulter. „Da haben sich die Ohrenschmerzen der letzten Tage ja ausgezahlt”, meinte mein Bruder lachend.
„Wie bitte? Soll das heißen, du wusstest, was er hier treibt?”, fragte ich Alex aufgebracht.
„Na ja, das ständige Puffen und Knallen war kaum zu überhören”, antwortete er mir mit einem Schulterzucken.
Merkwürdig! Ich hatte derartige Geräusche nie gehört, während ich hier gewesen war. Was nur bedeuten konnte, dass Pater Michael seine Experimente stets dann durchgeführt hatte, wenn ich auf der Jagd gewesen war. Die beiden hatten mich erfolgreich vergackeiert! Schnaubend vor Wut rannte ich zu Alex zurück und boxte ihn in die Schulter.
„Hey! Was soll denn das?”, wollte er wissen und versuchte einem weiteren Schlag zu entkommen. Es gelang ihm nicht, und ich traf seinen Schulterknochen so fest, sodass sogar mir die Finger wehtaten. Aber das war es wert. „Du hättest es mir sagen müssen!”, blaffte ich ihn an.
„Wir wollten dich überraschen”, erklärte mir Alex und sprang meiner Faust gerade noch rechtzeitig aus dem Weg.
„Tolle Überraschung! Echt! Ihr seid beide wahnsinnig! Bescheuert! Einfach nur bescheuert!”, schrie ich meinen Bruder an und warf Pater Michael einen wütenden Blick zu.
„Aber”, sagte dieser mit erhobenem Zeigefinger, „es hat funktioniert.” Schon wieder grinste er selbstzufrieden, was mich beinahe zum Kotzen brachte.
„Wenn dir nun was passiert wäre? Wenn du die ganze Kirche in die Luft gejagt hättest? Schon mal da dran gedacht?”, fragte ich ihn und sah ihn vorwurfsvoll an. „Das da”, ich deutete auf die Chemikalien auf dem Tisch, „ist kein Spielzeug!”
Pater Michael sah mich erstaunt an. Er hatte etwas getan, etwas Gefährliches, was mir nicht gefiel. Mir fiel die Ironie des Ganzen schnell auf. Ich hatte mich vor nicht allzu langer Zeit ähnlich verhalten, als ich ungeschützt zum Fluss gegangen war.
„Ada, glaubst du wirklich, ich würde solche Dinge anfassen, ohne mich vorher zu informieren, wie man mit ihnen umgeht?”, fragte er mich.
Für eine Weile musterte ich ihn nachdenklich. Dann gab ich seufzend auf. „Wahrscheinlich nicht”, gestand ich und erntete ein Lächeln vom Padre. „Also, wie funktioniert das nun?”, hakte ich hastig nach. Ich hatte keine Lust auf einen Vortrag darüber, wie gründlich er stets in seinen Vorbereitungen ist.
Pater Michael reichte mir wortlos die Schutzbrille, die ich zuvor auf den Tisch geworfen hatte. Ich setzte sie auf und fühlte mich gleich wieder wie Puck. Wenige Sekunden später leuchtete eine Flamme vor uns auf, und gleichzeitig knallte es. Danach sahen wir uns alle schweigend an. Alex grinste immer noch, und ich wartete darauf, dass er in die Luft sprang und vor Freude die Hacken aneinander schlug. Er riss sich aber zusammen und blieb auf dem Boden.
„Mit Schwefel oder Phosphor wäre die Wirkung noch verheerender und schneller, aber… .”
„Ich mag schneller. Schneller ist gut!”, unterbrach ich Pater Michael.
Er grinste sein schiefes Grinsen. „Aber es ist auch gefährlicher. Zu gefährlich, als dass du es allein durch die Nacht trägst”, beendete er seinen Satz und klang ziemlich oberlehrerhaft. Ich zog einen Flunsch und ließ enttäuscht die Schultern hängen. Schade! Ich hatte mich schon gefreut, dem Ekelpaket von einem Mega-Oktopus ein hochexplosives Ende zu setzen. „Das hier wird auch reichen”, sagte Pater Michael, als er meine Enttäuschung sah, und deutete auf das Kaliumchlorat.
Nun war nur noch eine Frage zu klären. „Und wie kriege ich das Zeug zum Fluss?”
Pater Michael bückte sich und kramte unter dem Tisch herum. Natürlich hatte er auch für dieses Problem eine Lösung parat. Er stellte eine hölzerne Kiste vor uns ab und öffnete den Deckel. Sie war innen mit schwarzem Samt ausgekleidet, und zahlreiche Vertiefungen waren darin eingelassen, in denen genauso viele Glaskugeln lagen. „Ich werde sie befüllen. Deine Aufgabe ist es, sie vorsichtig an ihr Ziel zu tragen und im richtigen Moment auf ihren Weg zu schicken.”

Autorenvita

1982 in Hennigsdorf, Brandenburg, geboren, zog es die Autorin im Alter von sechs Jahren in die deutsche Hauptstadt, wo sie noch heute lebt und arbeitet. Dank der guten Gene ihrer Eltern interessiert sie sich schon seit Kindertagen für das Malen, Zeichnen und Fotografieren. Tat sie sich anfangs noch schwer mit dem Lesen, wurde sie dank einer berühmten Maus rasch zu einer Leseratte. Die Idee, eine eigene Geschichte zu verfassen, ereilte sie im Alter von 19.
Zehn Jahre dauerte es, bis das Erstlingswerk „Alaspis - Die Suche nach der Ewigkeit" fertig gestellt wurde und die Autorin den Mut fand, ihren Traum von einer Buchveröffentlichung mit anderen zu teilen. Am 15.10.2012 erschien die märchenhafte Saga als Ebook und Taschenbuch.
In den Jahren 2013 bis 2015 folgte die mehrteilige Jugendbuchreihe „Die Jägerin“, eine Mischung aus Sci-Fi und Fantasy-Romance mit einem Spritzer Humor.
„Hamster Stopfdichvoll & seine Freunde“ ist das achte Buch aus Nadja Losbohms Feder und das erste Kinderbuch, das sie veröffentlicht hat.

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