Sonntag, 8. Januar 2017

„Horizon – Fernab der Heimat“ von Amanda Laurie





Klappentext:

Die Flucht aus Carbonn endet für Thronprinz Corin ausgerechnet in einem Land, das schon vor Jahren der Krone abgeschworen hat. Inkognito schlägt er sich durch und landet schließlich beim Erzfeind seines Vaters.
Unerwartet erfährt er von einer geheimen Mission und ahnt, dass seiner Heimat und den Bewohnern Carbonns großes Unheil bevorsteht.
Soll Corin heimkehren, obwohl er sich geschworen hatte, endgültig mit der Vergangenheit abzuschließen? Oder soll er stattdessen den lang ersehnten Neuanfang wagen?
Für welchen Weg er sich auch entscheidet, sicher ist nur, zuvor muss er ein waghalsiges Abenteuer bestehen …

„Horizon – Fernab der Heimat“ ist die Fortsetzung der Fantasy-Reihe für Leser ab 14 Jahren. Auch Teil 2 enthält wieder eine gelungene Mischung aus Abenteuer und Magie!

Bereits in dieser Reihe erschienen:
Band 1: Horizon – Aufbruch ins Ungewisse
Band 2: Horizon – Fernab der Heimat

Das eBook ist erhältlich für 3,99 Euro, z.B. bei amazon und bei Thalia.
Das Taschenbuch ist überall im Buchhandel erhältlich zum Preis von 10,99 Euro, z.B. Thalia
ISBN: 978-3-7412-9606-2


Leseprobe:

Ein riesiger Schatten huschte über den Baumwipfeln vorüber. Obwohl die Kreatur weit über ihm flog, erkannte er jedes Detail, begonnen bei dem großen Kopf mit scharf gebogenem Schnabel, über die ausladenden braun gefederten Flügel bis hin zum weiß getupften Schwanz. Dieses Ding sah aus wie ein Adler, besaß allerdings eine Größe, die man unmöglich einem Adler zuschreiben konnte. Und was Matthew am meisten irritierte, waren die rotbraunen Krallen, die etwas gepackt hielten. Er wollte ungern in Panik verfallen, aber dieses Etwas sah aus wie … ein Mensch.
Matthews Herz hämmerte, als wäre er mehrere Meilen gerannt. Er spürte es bis in seinen Hals schlagen.
Sogleich ermahnte er sich und schüttelte vehement den Kopf, als könnte allein dies das Gesehene auslöschen. Das kann unmöglich wahr sein! Hatte die Sonne zu sehr auf sein Haupt geschienen? Oder spielten die Augen ihm einen Streich?
Doch dann hörte er erneut den riesigen Adler rufen, vernahm die leiser werdenden Schläge seiner Schwingen. Ohne nachzudenken, rannte Matthew in die Richtung, in die der Vogel unterwegs war. Das musste er sich ansehen, ansonsten würde er ewig an seinem Verstand zweifeln. Erst nach ein paar Schritten fiel ihm ein, dass er etwas vergessen hatte. Fluchend kehrte er um, schnappte sich den Pilzkorb und stürmte erneut dem Vogel hinterher.
Während er über Äste und Baumstümpfe sprang und immer wieder an hervorstehenden Zweigen hängen blieb, hoffte er, sich nicht die Knochen zu brechen. Er durfte nicht innehalten, sonst würde der Vogel außer Sicht sein. Noch hörte er ihn und sah den sich langsam entfernenden Schatten über den Bäumen. Allerdings spürte er schon jetzt, wie ihm die Puste knapp wurde.
                                                      
Er hatte ihn verpasst! Von einem Moment auf den anderen war der Vogel verschwunden gewesen. Einfach weg! Als hätte er sich in Luft aufgelöst.
Matthew atmete mehrfach tief durch. Er hatte den Adler doch nur einmal aus der Nähe betrachten wollen. Sich vor allem vergewissern wollen, dass er nur normale Größe hatte und ihm seine Augen doch einen Streich gespielt hatten. Und er hatte eine natürliche Erklärung für das Bündel in den Krallen des Adlers finden wollen, denn, was er sich da eingebildet hatte, konnte nicht der Wahrheit entsprechen.
Gemächlich lief er das letzte Stück durch den Wald. Bald würde er zur Wiese gelangen, von wo es nur noch wenige Hundert Yards bis zu ihrem Haus waren. Matthew dachte an seinen Vater, der ihn sicher schelten würde, sobald er den Pilzkorb entgegennahm. Er würde zu Recht eine Erklärung erwarten für Matthews stundenlange Abwesenheit und den nur halbvollen Korb. Das, was er gesehen hatte, würde Matthew allerdings nicht erzählen können. Es sei denn, er wollte noch in ein paar Wochen damit aufgezogen werden.
Ein Vogelschrei riss ihn aus seinen Gedanken. Matthew horchte auf und suchte mit den Augen die Umgebung ab. Vor ihm, nur durch wenige Stämme vom Waldrand getrennt, entdeckte er das Tier erneut. Es kreiste über der Wiese, stieß dabei laute Rufe aus, als wollte es Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Immer wieder zog der Adler seine Bahnen dicht über dem Boden, bevor er sich erneut in die Höhe schraubte und die Laute wiederholte.
Matthew erkannte seine Chance und beeilte sich, an den Waldrand zu gelangen. Er versteckte sich hinter einem Baumstamm und beobachtete den Vogel. Mehrmals kniff er die Augen zusammen, bevor er sich sicher war: Dieses Tier war riesig! Er hatte es sich also nicht nur zusammengesponnen. Doch wer hatte je von einem Riesenadler gehört?
Als der Vogel ein weiteres Mal über ihn hinwegflog, nahm Matthew seinen Mut zusammen und trat zwischen den Bäumen hervor. Das Gefieder glänzte in der Sonne dunkelbraun, es hatte hellere, mitunter aber auch dunklere Schattierungen. Ein paar wenige, fast weiße Federn schmückten den Schwanz und den Bauch und ließen den Vogel besonders erhaben erscheinen.
Noch während er den Flug verfolgte, bemerkte Matthew, dass etwas nicht stimmte. »Wo ist seine Last?«, murmelte er.
Mit einem Mal war die außergewöhnliche Größe des Adlers vergessen, auch die Gefahr, die womöglich von ihm ausging. Matthew blickte sich irritiert um. Aufgrund der Senken konnte er unmöglich die gesamte Wiese überblicken. Hatte der Vogel den Körper fallen lassen? Matthews Herz hämmerte in seiner Brust, als wollte es herausspringen. Einerseits wollte er eine Antwort auf seine Frage, andererseits fürchtete er sich vor der Entdeckung, die unweigerlich folgen musste.
Erneut stieß der Vogel hinab, nur um sich gleich darauf wieder in die Lüfte emporzuschrauben. Er kreiste über einer bestimmten Stelle, als wollte er sie markieren. Der Ort befand sich etwa hundert Yards von Matthew entfernt. Er überlegte nicht lange und rannte los.
Bevor er die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, entdeckte er weiter vorne etwas im Gras. Obwohl die Halme, die hier nicht allzu hoch wuchsen, einen Teil des Körpers verdeckten, erkannte Matthew sofort, dass es sich um einen Menschen handelte. In diesem Moment knickte er mit dem Fuß um und stürzte der Länge nach hin. Der Korb flog in hohem Bogen aus seiner Hand, dessen Inhalt verteilte sich über dem Boden.
Matthew blieb einen Augenblick benommen liegen. Dann hob er den Kopf, schüttelte ihn und spuckte Dreck, der sich beim Sturz zwischen seinen Lippen gesammelt hatte. Nachdem er sich auf die Beine gerappelt hatte, stieß er einen Fluch aus: Die Krustenpilze lagen weit verstreut. Egal, wie wertvoll sie waren, vorerst musste er sie zurücklassen. Matthew ignorierte den Schmerz in seinem Knöchel und stolperte weiter.
Als er den Fremden erreicht hatte, der sich nicht regte, kniete sich Matthew vorsichtig neben ihn. War er bewusstlos oder gar tot? Gebeugt über den reglosen Körper, horchte er nach einem Atemgeräusch und beobachtete dabei die Brust. Sie hob sich minimal. Zum Glück, immerhin lebte er!
Matthew betrachtete den Fremden besorgt. Dessen Gesicht war zerschunden, mehrere Kratzer zierten Wangen und Stirn, einer war nur knapp am Auge vorbei geschrammt. Über den rechten Wangenknochen zog sich eine dunkel verfärbte Schwellung. Der gesamte Körper war, soweit Matthew das erkennen konnte, übersät von Hautabschürfungen, Prellungen und Blutergüssen. Getrocknetes Blut hatte Spuren auf der Haut hinterlassen, aus einer Schnittwunde am Bauch sickerte noch immer Blut. Die Hose, das einzige Kleidungsstück, das der Fremde trug, war ebenfalls blutbefleckt und ließ vermuten, dass seine Beine in kaum einem besseren Zustand waren als der Rest seines Körpers.
»Offenbar hast du eine schwierige Reise hinter dir«, murmelte Matthew und fragte sich, wer der junge Mann sein mochte und welche Geschichte hinter seinem Auftauchen steckte.
Der Fremde trug keine Schuhe und hatte sich die Fußsohlen vermutlich an scharfkantigen Steinen und Pflanzen verletzt. Matthew betrachtete ihn, wie er vor ihm im Gras lag. Die wunden Füße waren wohl sein geringstes Problem. Der junge Mann trug kaum noch Leben in sich und konnte sich glücklich schätzen, dass Matthew ihn gefunden hatte. Er brauchte dringend Hilfe, und Matthew wusste sofort, wohin er ihn zu bringen hatte.


Autorenvita:
Amanda Laurie veröffentlichte bereits 2013 ihre beiden Kurzgeschichtensammlungen "Ein Hauch von Magie" und "Flucht durch die Wälder".
Mit dem Jugendroman "Horizon – Aufbruch ins Ungewisse" startete 2015 ihre neue Fantasy-Reihe.

Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Sachsen.
Am Rande eines kleinen Dorfes umgeben von viel Grün findet sie die Zeit und Inspiration, ihre Geschichten niederzuschreiben.
Im Dezember 2016 erschien der zweite Teil ihrer Fantasy-Reihe: "Horizon – Fernab der Heimat".
Ein dritter Teil ist bereits in Arbeit.

Mehr Infos über die Autorin und ihre Bücher auf: www.amandalaurie.de

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