Sonntag, 24. September 2017

„Das Nebelkind – Lügen enden mit der Wahrheit“ von Annika Capricorni




Klappentext:
Wenn dein Vater spurlos im Wald verschwindet, würdest du ihn suchen?
Wenn Dinge passieren, die du dir nicht erklären kannst, würdest du dann Fragen stellen?
Wenn du einem unglaublich gutaussehenden Typen begegnest, würdest du ihn küssen oder in die Hölle schicken?
Gefangen zwischen zwei Welten sucht Violett nach Antworten, nach sich selbst und nach ihrer wahren Bestimmung.
Ist sie die Gejagte ihrer eigenen Vergangenheit?
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Leseprobe
1. Kapitel
Ich stand auf einem kleinen Hügel, nahe des Waldrandes, verborgen und doch zu finden. Dabei spürte ich das weiche Moos unter meinen Füßen, wie es sich flauschig und warm um meine Zehen wand. Mein Körper wurde von den weißen Nebelschwaden eingehüllt. Ich fühlte mich auf irgendeine Weise geborgen und sicher. So könnte ich hier die ganze Zeit stehen, tief versunken in der Welt meiner Träume. In einer Welt ohne Zeit und Raum.
Aber es dämmerte bereits und ich wusste, dass meine Mom auf mich zu Hause warten würde. So wie früher, als sie mich noch von der Schule abgeholt hatte. Mit meinem großen Schulranzen hatte ich von hinten wie eine Schildkröte ausgesehen. Oft fühlte ich mich auch so. Ich wollte am liebsten die Augen verschließen und mich in meinem Panzer verkriechen. Ich wollte träumen, denn da existierte mein Vater für mich weiter. Meine Eltern standen beide dort und warteten nur auf mich. Ich würde ihre Hände nehmen und wir würden gemeinsam zu uns nach Hause gehen – doch dem war nicht so. Ich kam immer mit offenen Augen aus dem Schulgebäude gelaufen und sah meiner Mom entgegen. Sie war allein und manchmal war ich es auch. Doch dann war sie wieder da, wir hielten uns an den Händen. Ja, wir hatten immer noch uns.
Ich stieß einen kleinen Seufzer aus. Denn ich wusste zu genau, dass der Wald bei Anbruch der Dunkelheit sehr gefährlich war. Vor zehn Jahren war mein Vater im Wald spurlos verschwunden, doch seine Leiche wurde nie gefunden. Man hatte weder Spuren entdeckt noch gab es irgendeinen Anhaltspunkt, der uns zeigte, dass er noch lebte. Doch dass es sich hier um einen Spuk oder Fluch handelte, hielt ich für lächerlich. Das hier war ein Wald, in dem Füchse, Dachse sowie Hirsche lebten, und sich manchmal auch ein Rudel Wölfe verirrte, obwohl auf irischem Boden seit der eiszeitlichen Trennung von den britischen Inseln keine mehr gesichtet wurden. Doch ich vernahm ab und zu aus der Ferne ihr gemeinschaftliches Geheul, was mich immer wieder aufs Neue faszinierte. Aber Geister, Kobolde, Gnome und Hexen sollte es hierher wohl kaum verschlagen haben.
Mein Dad war in der Nacht meines sechsten Geburtstages verschwunden. Damals hatte er zu mir gesagt: »Meine kleine Violett, eines Tages wirst du die Tore zweier Welten betreten. Der Schlüssel dorthin ist nah und doch so fern, an einem Ort zur richtigen Zeit, wenn Rosen welken, Wunden heilen und Augen trügen. Aber gib acht, denn auch Monde können untergehen!« Mit diesen letzten Worten war er aus unserem Leben verschwunden.

Kurzvita
Annika Capricorni wurde 1997 in Norddeutschland geboren, wo sie immer noch mit ihrer Schwester zusammenlebt. Wenn sie ausnahmsweise mal nichts zu tun hat, denkt sie sich Geschichten aus. Damit die vielen Ideen nicht verloren gehen, hat Annika immer einen Stift und einen Notizblock in der Nähe. Notfalls wird einfach das Handy vollgeschrieben, bis der Speicher überquillt.
Neben dem Schreiben trifft Annika sich gerne mit ihren Freunden, verschlingt Bücher innerhalb von Tagen und isst super gerne Schokolade, die sie nur ungern teilt.
Homepage der Autorin: http://capricorni.de/

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