Klappentext:
Im Jahr 1326 lebt die hellsichtige Clara zusammen mit
Gabriel in Griechenland bei Gabriels Familie. Odilia ist sehr glücklich darüber
und auch Clara genießt das Leben am Meer. Nach all den Kämpfen der letzten
Jahre kommt sie hier endlich zur Ruhe und ist vor Anfeindungen und Verfolgungen
sicher. Trotzdem will Clara nicht für immer bleiben.
Im Juni 1326 brechen sie und Gabriel wieder auf und kehren
nach Deutschland zurück.
Ihr erstes Ziel ist die Burg Wiesenstein, das Zuhause von
Claras ehemaligem Weggefährten Luzius. Durch ihre Hellsichtigkeit kann Clara
den Überfall auf die Burg durch Luzius’ Onkel Martin verhindern.
Als sie nach Dringenberg zurückkehren, sieht sich Clara
alten und neuen Feinden gegenüber und auch gegen Gerüchte, sie sei eine Hexe
ist, muss sie sich erneut wehren.
Doch auch auf Wiesenstein hat sie sich Feinde gemacht, die
jetzt Intrigen gegen sie spinnen.
Clara und Gabriel geraten in große Gefahr und müssen
schließlich sogar um ihr Leben fürchten.
Die Zeit der Rückkehr ist die 3. Geschichte der Hexenschülerin.
Die spannende Geschichte versetzt die Leser und Leserinnen in eine längst
vergangene Welt voller Vorurteile und Aberglauben. Sie ist für Mädchen und
Jungen ab 12 Jahren geeignet und für Erwachsene, die gerne in andere Zeiten
eintauchen.
Erhältlich bei Amazon, Hugendubel und Thalia.
Leseprobe aus Kapitel 5 – Auftritt der
Gaukler
…
Plötzlich schrie einer: „Mein
Geldbeutel ist weg! Er wurde von meinem Gürtel abgeschnitten.“
Wie auf Stichwort tasteten alle nach
ihren Geldbeuteln oder sahen in ihren Taschen nach. Noch weitere Beutel waren
verschwunden.
Luzius stand wie vom Donner gerührt
auf der Bühne. Was sollte er davon halten? Er war sich nur sicher, dass das
keiner der Gaukler getan hatte.
„Dieses fahrende Volk war es!“,
schrie jemand. „Ist doch bekannt, dass die unehrlich sind.“
„Das ist nicht wahr!“, mischte sich
Gabriel erneut ein. „Ich kenne diese Leute gut. Ich habe einige Zeit mit ihnen
verbracht. Es sind wirklich aufrichtige Menschen, die hart für ihren
Lebensunterhalt arbeiten.“
Er wiederholte seine Worte von gerade
eben und hoffte, ihnen dadurch mehr Nachdruck verleihen zu können. Es war ihm
bewusst, dass seine Aussage so klang, als wäre er länger mit den Gauklern
unterwegs gewesen, als er es in Wirklichkeit gewesen war. Aber das bezweckte
Gabriel auch. Die Menschen sollten in ihm einen wirklichen Kenner dieser Leute
sehen.
„Dann bist du vielleicht auch nicht
besser. Was für Leute bringt unser neuer Herr Luzius auf die Burg?“, rief
einer.
Clara blickte sich in dem
Fackelschein um. Sie versuchte, in den Gesichtern zu lesen. Aber es war
schwierig, auszumachen, wer überhaupt gesprochen hatte.
Blanca stand auf der Bühne. Groß und
kerzengerade. Ihren Kopf hielt sie stolz und aufrecht. Ihr Mund lächelte. Ja
tatsächlich, sie lächelte. Etwas stimmt nicht mit ihr, dachte Clara wieder. Ich
wusste es doch vom ersten Moment an. Aber was?
Auf einmal tauchte ein Bild vor ihrem
inneren Auge auf. Nur einen winzigen Moment lang. Zu kurz, um es vollständig zu
erkennen. Aber Clara wusste, Blanca spielte ein falsches Spiel. Es ging um
mehr, als sie gedacht hatte.
„Er bringt uns in Gefahr!“, rief
Blanca jetzt den Zuschauern zu. „Und er stellt das Wohl der Gaukler über das
Wohl seiner Familie und seiner Schutzbefohlenen, nämlich euch.“
Luzius sah die Verlobte seines
Schwagers völlig verwirrt an. Was wurde hier gespielt?
„Das ist nicht wahr!“, rief er laut.
Aber die Menschen waren wankelmütig.
Noch vor wenigen Augenblicken hatten sie sich der Darbietung der Gaukler
erfreut, jetzt hassten sie sie. Jetzt gaben sie ihnen die Schuld am Verlust
ihrer materiellen Güter. Es war ja auch so einfach, dem fahrenden Volk die
Schuld zu geben. So natürlich. Diese Berufsgruppe hatte noch nie einen guten
Ruf gehabt und in der Tat gab es viele Falschspieler und Diebe unter ihnen.
Aber nicht unter Bernardos Truppe, da
war Luzius sich sicher.
Aber wenn doch?
Wer hatte dann diese Diebstähle begangen?
Eine Eule ließ ihren Ruf hören.
Clara zuckte zusammen. Es ist schon
Abend und dunkel, es ist völlig natürlich, dass eine Eule heult, dachte sie.
Wenn eine Eule am Tag ertönt, bringt das Krankheit und Feuersbrunst. Wie damals
beim Händlerzug. Aber jetzt war es dunkel.
Clara blickte sich hektisch um und
erblickte den hellen Feuerschein durch die dicken Burgmauern hindurch.
Sie schüttelte sich. Ich kann das
nicht sehen, dachte sie. Niemand kann durch die Burgmauern sehen.
Im nächsten Moment ertönte der
Schrei: „Feueeeer!“
Und erst im nächsten Augenblick wurde
ihr klar, dass sie selbst geschrien hatte.
Clara konnte sich nicht rühren. Sie
war wie erstarrt von dem Bild, das sie gesehen hatte, von dem Tumult um sie
herum.
Gabriel riss sie mit sich und schob
sie zu Adelaide in die Burg.
Luzius schrie: „Wachen auf den
Wehrturm. Alle Zuschauer hier herüber!“
Brandpfeile flogen plötzlich durch
die Luft.
Und alles passierte gleichzeitig.
Gabriel lief zu Luzius.
„Jetzt vernichten sie uns auch
noch!“, schrie jemand. „Das ist das Feuer der Hölle. Der Feuerschlucker.“
Was für ein Unsinn, dachte Clara
angewidert. Gleich, nachdem Gabriel sie wieder verlassen hatte, erwachte sie
aus ihrer Erstarrung und rannte wieder nach draußen.
„Bleib hier!“, rief Adelaide ihr
nach. „Hier bist du in Sicherheit.“
„Niemand ist in Sicherheit!“, rief
Clara zurück. Adelaide verstand nicht, was die Freundin meinte. Aber Clara war
schon losgerannt. Sie kämpfte sich durch die aufgebrachte Menge zurück.
Sie musste Gabriel wieder finden oder
Luzius.
Die Geräusche, die Unruhe und die
Angst hatten ihre Hellsichtigkeit überdeckt und sie hatte einfach zugelassen,
dass sie in die Burg geschoben wurde. In Sicherheit. Aber das war falsch. Sie
wusste doch, was geschah.
„Gabriel!“, schrie sie gegen die
lärmende, unruhige Menge an.
„Luzius!“
„Mädchen, geh in die Burg!“, riet ihr
einer der Akrobaten, die ihren Weg kreuzten.
„Wo ist Gabriel? Oder Luzius?“
Der Mann hob die Schultern. „Was ist
hier nur los?“, fragte er kopfschüttelnd.
Clara hatte keine Zeit, mit ihm zu
diskutieren. Suchend blickte sie sich um. Sie fühlte Angst. Aber die musste sie
niederkämpfen, sonst würde sie nicht erkennen, was zu tun war.
Doch dann sah sie das Bild, das sie
bereits vor ihrem inneren Auge erlebt hatte. Blanca lief zum Tor. Unbemerkt in
diesem Durcheinander.
Sie hat die Geldbeutel gestohlen,
dachte Clara. Sie wollte bewusst dieses Durcheinander anrichten. Sie hat das
gebraucht, um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Ich weiß, was sie vorhat.
Sie lief auf Blanca zu. Sie hatte
freie Bahn zum Tor.
„Blanca!“, rief Clara.
Keine Reaktion.
„Blanca!“
Jetzt war sie schon ganz nah.
Blanca wirbelte herum. Tiefer Hass
traf Clara. Sie zuckte zusammen. Wie beim Medicus, dachte sie. Wie bei
Hildegunde.
„Du hältst mich nicht auf!“, würgte
Blanca hervor. „Du nicht!“
„Du hast die Diebstähle begangen!“,
warf Clara ihr vor.
„Natürlich.“
„Aber ich verstehe nicht. Warum?“
„Wie könntest du auch. Verschwinde.
Bring dich in Sicherheit. Gleich bricht die Hölle erst los.“
Sie wandte sich dem Tor zu. Sie schob
den ersten Riegel zurück.
Clara war sofort bei ihr und wollte
sie davon abhalten. Doch Blanca war viel größer und kräftiger. Sie holte mit
dem Arm aus und schlug Clara so heftig mit dem Handrücken ins Gesicht, dass
diese zurücktaumelte und stürzte.
„Halt dich zurück oder du bist die
Erste, die stirbt!“, warnte sie.
Clara saß auf dem Boden und richtete
sich hektisch wieder auf.
„Tu das nicht oder du bist schuldig
am Tod von vielen Menschen!“, kreischte Clara. Sie fühlte keine Angst mehr,
dazu war die Situation viel zu bizarr. Der Fackelschein von der Bühne und auf
den Mauern, die Hektik hinter ihr, die Stimmen, die sie bereits von draußen
vernehmen konnte, alles wirkte unwirklich, wie aus einer anderen Welt. Und doch
war es eine reale Gefahr.
Sie hatte vorhin Angst verspürt, als
der Tumult losgebrochen war. Und vielleicht würde sie sogar später, wenn sie
noch einmal über diese Situation nachdachte, Angst verspüren. Aber jetzt hatte
sie keine. Jetzt handelte sie einfach instinktiv.
Blanca lachte gemein. „Du hältst mich
nicht auf!“
Damit machte sie sich wieder an das
Schloss.
„Aber vielleicht ich!“, klang
plötzlich eine dröhnende, tiefe Stimme.
Beide Frauen wandten sich um. Hinter
ihnen stand ein Wächter in voller Rüstung mit einem breiten Schwert in der
Hand.
„Ich verstehe nicht vollkommen, was
hier los ist. Aber dass du das Tor öffnen willst, um Feinden Einlass zu
gewähren, das habe ich verstanden. Du kommst jetzt sofort mit zu Herrn Luzius.“
„Neiiiiin!“, schrie Blanca und wandte
sich wieder dem Portal zu.
Der Wächter war mit wenigen Schritten
bei ihr und riss sie grob von dem Tor fort. „Wir haben die Burg unter
Kontrolle!“, erklärte er Clara im Vorbeigehen. Aber hättest du nicht so früh
das Feuer bemerkt…“
Damit ging er weiter und zog die sich
wehrende Blanca mit sich.
„Neiiin! Neiiiin!“, schrie sie immer
wieder.
Claras Beine versagten, sie sackte
vor dem Burgtor zusammen und blieb auf dem Boden liegen. Das letzte, was sie
dachte, bevor die Dunkelheit sich über sie legte, war: Aber ich habe doch überhaupt
nichts bemerkt.
Rotraud Falke-Held wurde 1964 in Bad Driburg geboren.
Schon in der Grundschulzeit entdeckte sie die Freude am
Schreiben.
Doch zunächst absolvierte sie eine solide kaufmännische
Ausbildung und kann heute auf eine 20jährige Berufstätigkeit zurückblicken.
Nach der Geburt ihrer Kinder - in den Jahren 2000 und 2001 –
gab sie ihre Berufstätigkeit auf. Sie begann, sich spannende Geschichten
auszudenken – zunächst nur für ihre eigenen Kinder.
2009 erschien ihr erstes Kinderbuch „Der kleine Bär Tapp“ im
Monolith Verlag.
Seither sind einige Kinder- und Jugendbücher von ihr
erschienen, altersmäßig wachsen die Geschichten mit dem Alter ihrer eigenen
Kinder.
Rotraud Falke-Held lebt mit ihrem Mann, zwei Kindern und der
Hundedame Cacy in Büren.
Neben dem Schreiben engagiert sie sich ehrenamtlich und
bietet als Kursleiterin an einem Gymnasium in Büren und der Volkshochschule
eine Schreibwerkstatt und Entspannungstraining an.
Homepage: www.rotraud-falke-held.de
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