Der jugendliche Magier Rowan ist mit seinem Freund Ottgar, dem Thronfolger des Magierreiches, ins Ostreich gezogen. Während Ottgar auf der Burg von König Kustin zum Ritter ausgebildet wird und am Hofleben teilnimmt, sitzt Rowan häufig in der Kammer seines Meisters und studiert in alten Schriften. Die beiden Magier müssen unbedingt ein Heilmittel gegen die Klauenfäule finden.
Noch nie in seinem Leben fühlte Rowan sich so unwohl, da Magier im Ostreich verachtet werden. So werden Rowans Warnungen vor Angriffen der Trolle und Zwerge auch nicht ernst genommen. Selbst als er eine Seuche, die die Bewohner der Königsburg und die Bauern aus der Umgebung heimsucht, erfolgreich bekämpft, steigt sein Ansehen kaum. Auch Ottgar, der unter dem Einfluss der ostianischen Prinzen steht, ist ihm fremd geworden – und sogar die Gefahr eines Aufstandes im Ostreich scheint seinen Freund nicht zu interessieren, bis es fast zu spät ist.
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Leseprobe
„Es
wird Zeit, dass wir zurückkommen. Heute Abend gibt es ein Fest, mit so reichlicher
Beute habe ich nicht gerechnet“, rief König Kustin gut gelaunt. Er hatte sein
Pferd neben Ottgar und Rowan gelenkt und ließ sich von den Jünglingen die Jagd
auf die Wildschweine und die Tötung der Bären schildern.
„Ihr habt Mut bewiesen“, lobt er leutselig.
Dann wandte er sich an Rowan: „Ich hatte es für Übertreibung gehalten, als es
hieß, du würdest ein tapferer Ritter werden. Aber du beherrschst den Umgang mit
den Waffen besser als mancher erwachsene Krieger.“
„Dabei
ist er nicht einmal Knappe!“, sprudelte Ottgar heraus.
„Zu
meinem Bedauern benötigt Wudon Rowan. Wir müssen die Klauenseuche stoppen,
bevor sie sich über mein gesamtes Reich ausbreitet und eine Hungersnot
ausbricht. Es tut mir leid Rowan, ich würde dich gern als Knappen an meinem Hof
haben.“
Rowan
stimmte zu. „Ich würde gern mit den anderen Jünglingen lernen, aber mir fehlt
noch so viel Wissen, bevor ich ein tüchtiger Magier werden kann.“
„Ich
weiß.“ Der König nickte ihnen huldvoll zu und schloss sich der nächsten Gruppe
an.
Ludah
verzögerte den Schritt seines Pferdes, bis die beiden Jungen ihn eingeholt
hatten. „Das war bedeutend aufregender, als ich erwartet hatte. Und ihr habt
euch gut geschlagen. Rowan, ich werde mit Wudon sprechen, er soll dich
wenigstens hin und wieder zu uns schicken, damit wir gemeinsam üben können.“
Dazu grinste er spitzbübisch. „Wir fangen gleich morgen früh an, bisher ist er
nicht da und kann somit keine Einwände erheben.“
Rowan
verzog sein Gesicht. „Ich muss in den alten Folianten der Burg nach einem
Heilmittel suchen.“
„Zwischendurch
brauchst du eine Pause, dann gelingt dir das Studieren der Bücher auch viel
besser“, meinte Ludah.
„Versteht
Ihr etwas von Büchern?“, fragte Ottgar erstaunt.
„Klar,
ich lebte ein paar Jahre als Schüler im Kloster. Nachdem mein älterer Bruder
gestorben war, holte mich mein Vater heraus und ließ mich erst bei Brodah als
Page und später bei Herzog Loruw als Knappe ausbilden. Seitdem ich zum Ritter
geschlagen wurde, lebe ich am Königshof.“
„Vermisst
Ihr das Kloster?“, fragte Rowan.
„Manchmal.
Allerdings liegt mir das Ritterleben mehr.“
Endlich
erreichten sie die Burg. Die beiden Jungen führten ihre Pferde und zwei weitere
der Ritter in den Stall, sattelten sie ab und versorgten sie mit Wasser und
Futter.
Danach
wuschen sie sich selbst am Brunnen, bevor sie den Rittersaal betraten. Die
Gesellschaft saß schon an der Tafel und Knechte brachten die Speisen.
Rowan
wollte sich wie üblich an das untere Ende setzen, doch Ritter Brodah forderte
ihn auf, sich bei ihm niederzulassen.
„Du
bist Bunduars Enkel, du gehörst zur Königsfamilie und nicht zu den
unbedeutenden Leuten.“
Sie
nahmen sich von den verschiedenen Speisen. Rowan aß sogar Fleisch, was er sonst
meistens vermied. Aber der Tag war anstrengend gewesen und etwas Gemüse hätte
ihn nicht gesättigt.
„Angeblich
sollst du singen können“, meinte Chirah.
Ludah
hörte das und schüttelte den Kopf. Was Rowan zu einem Grinsen verleitete.
Eigentlich hätte Chirah inzwischen begreifen müssen, dass die Gerüchte über ihn
stimmten. Fragend blickte Rowan den König an und da dieser nickte, begann er
mit einigen magianischen Balladen und trug im Anschluss uralte ostianische
Lieder vor.
Das
Stimmengewirr im Saal legte sich, als sein heller, klarer Tenor den Raum
erfüllte. Beifall brandete auf, sobald er endete.
„Du
bist ein würdiger Großenkel der berühmten Jambin“, lobte König Kustin.
„Jambin
hat die Geister und Elfen mit ihrem Gesang betört“, murmelte Brodah.
Ottgar
und Rowan sahen ihn an.
„Kanntet
Ihr unsere Urgroßmutter?“, fragte Ottgar.
„Ja,
ich habe eine Weile auf Burg Wanroe gelebt. Sie war wunderschön, obwohl sie
damals schon sehr alt war. Mit ihrer Stimme hat sie König Mawuar verzaubert, so
dass er sie zu seiner Frau nahm.“ Die beiden Jungen fragten ihn aus und er
erzählte bereitwillig von seiner Zeit auf Burg Wanroe.
Rowan
bekam Heimweh. Würde er Wanroe je wiedersehen? Und seine Mutter und seinen
Großvater?
Er
ging früher als die anderen in seine Kammer, die er mit ein paar Knechten
teilte, und schlief gleich ein. Als er am Morgen aufwachte, waren nur aus der
Küche Geräusche zu hören. Die Hofgesellschaft ruhte noch. Rowan erhob sich
leise, wusch sich rasch an einer Waschschüssel und schlich in die Studierstube.
Dort entzündete er eine Öllampe und schaute sich um. Obwohl die Burg von König
Kustin nur als Jagdsitz benutzt wurde, besaß sie eine kleine Bibliothek.
Er
nahm das erste Buch heraus und blätterte darin. Es enthielt die Chronik von
Eichenfels. Beim Blättern entdeckte er, dass die Burg in früheren Jahrhunderten
der Königssitz gewesen war. Er schlug den nächsten Band auf. Hier waren die
verschiedenen Geschlechter des Landes aufgeführt, er fand sogar seine
Großmutter verzeichnet. Im dritten Folianten waren Lieder niedergeschrieben.
Natürlich konnten in jedem dieser Bücher auch Hinweise zu Krankheiten stehen,
doch Rowan wollte lieber mit einem Heilbuch anfangen, aber das gab es hier
nicht. Darum hatte ihm Wudon wahrscheinlich seinen Folianten zum Studieren
mitgegeben.
Vom
Burghof ertönten Pferdhufe, die über das Pflaster klapperten. Er stellte das Buch
zurück, löschte das Licht und sprang die Treppe hinunter.
Ludah
wartete wie verabredet schon auf ihn am Brunnen, um Rowan das Kämpfen zu
lehren. „Na du Langschläfer“, zog ihn der Ritter auf.
„Ich
habe bereits die Bibliothek der Burg besichtigt. Prinz Jatain gab mir die
Erlaubnis, die Studierstube zu benutzen.“
„Obwohl
es noch dunkel war?“
Rowan
nickte. „Ich habe vorerst auch nur im Lampenschein ein paar Schriften
durchgeblättert und mir einen Überblick verschafft.“
„Wirst
du hier eine Medizin finden?“
„Ich
glaube nicht. Aber so tief bin ich nicht in die Bücher eingedrungen.“
Während
des Gesprächs waren sie über den Burghof gelaufen. In der Vorburg übten sich
ein paar Knappen im Kampf mit der Lanze.
„Dann
wollen wir es ihnen nachmachen“, schlug Ludah vor.
Er
gab Rowan Schild und Lanze und sie übten sich im Nahkampf mit der Lanze. Rowan
erwies sich als überaus geschickt. Nur an Ausdauer mangelte es ihm.
„Ich
bin nicht in Form. In den letzten Monden habe ich fast nur in der Studierstube
gesessen“, beklagte er sich.
„Deshalb
wird es höchste Zeit, dass wir mit dir üben.“
Später
holten sie nach einer kurzen Vesper die Pferde und ritten mit der unter dem Arm
eingeklemmten Lanze auf Strohpuppen los. Ludah gab Rowan Tipps und staunte, wie
rasch der Jüngling sie umsetzen konnte.
„Ich
hätte dich gern als Knappen. Ich habe noch niemanden gesehen, der so schnell
lernt. Im Kampf scheinst du schon zu ahnen, was dein Gegner vorhat.“
Rowan
verschwieg ihm, dass er das tatsächlich wusste. Nicht immer, aber häufig. Die
meisten Menschen verrieten ihre Absicht mit ihren Augen. Außerdem gewahrte er
es in seinem Inneren.
Gegen
Mittag meinte Chirah: „Wir müssten die jungen Pferde bewegen. Wollte ihr
mitkommen?“
Ludah
schaute Rowan an und der nickte. Gemeinsam mit den übrigen Knappen und einigen
Rittern sattelten sie die Pferde und führten sie aus der Burg hinaus.
„Nimm
den Braunen“, meinte Chirah und reichte Rowan die Zügel eines lebhaften
Hengstes. Rowan spürte gleich den Widerstand des Tieres. Es legte die Ohren an
und tänzelte. Er sah aus den Augenwinkeln die Blicke, die sich ein paar der
Knappen zuwarfen.
„Gib
ihn lieber mir“, meinte Ludah leise. Doch Rowan schüttelte kaum sichtbar den
Kopf. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Braunen und versuchte ihn mit
seinen Gedanken zu erreichen. Das Tier hatte Angst. Die Burg, der Stall, die
vielen Pferde und Männer beunruhigten es.
Rowan
summte sanft ein Reiterlied. Der Hengst drehte die Ohren zu ihm. Sobald er die
Aufmerksamkeit des Tieres erregt hatte, vermittelte er ihm gedanklich, dass es
keine Angst haben musste. Es dauerte eine Weile, zuletzt stand es regungslos
und vollkommen entspannt da. Rowan ließ die Zügel los, wendete sich ab und ging
weg. Das Pferd folgte ihm. Schließlich blieb Rowan stehen, tätschelte es und
stieg in den Sattel.
Die
Männer murmelten erstaunt, so etwas hatten sie noch nicht gesehen. Der Hengst
blieb weiterhin ruhig. Rowan konnte ihn problemlos mit seinen Schenkeln lenken.
Ottgar
hatte mit seinem Wallach größere Probleme, doch auch er bekam das Tier in den
Griff, allerdings scheute er ab und zu oder keilte aus.
„Ihr
seid gute Reiter“, lobte Ludah.
„Wie
machst du das, dass dir so ein lebhaftes Tier arglos folgt?“, fragte er Rowan
schließlich, nachdem sie nach einem langen Ausritt wieder zurückkamen. Selbst
das Klappern im Hof und der Ochsenkarren, der ihnen entgegenkam, ertrug der
Braune.
„Ich
spreche mit ihnen“, erklärte Rowan.
„Mit
deinen Liedern?“
„Auch,
aber mehr in Gedanken und vor allem mit der Körperhaltung. Pferde verständigen
sich damit. Ich habe ihm gezeigt, dass ich sein Anführer bin und er keine Angst
haben muss.“
„Kannst
du es mir beibringen?“, fragte Ludah.
„Es
gehört beharrliche Beobachtung dazu, um die Pferde zu verstehen und sich ihnen
mitzuteilen.“
Da
Ludah bereit war, ihn im Umgang mit den Waffen, vor allem der Lanze, zu
schulen, erklärte Rowan ihm ein paar Verhaltensweisen der Pferde. Sogleich
probierte es der junge Ritter an einer lebhaften Stute, die sehr scheu und noch
nicht zugeritten war, aus.
Er
besaß Beobachtungsgabe und Einfühlungsvermögen. Rowan hoffe, genug Zeit zu
finden, um von Ludah zu lernen und ihn seinerseits zu unterrichten.
Aileen O'Grian
Was wäre wenn? - Fantasy als Spiel mit den Möglichkeiten
Seit Jahren schreibe ich aus Spaß am Phantasieren Märchen, Fantasy und
Science-Fiction und habe diverse Kurzgeschichten in Anthologien und
Literaturzeitschriften veröffentlicht.
Den Magier Rowan mag ich so gern, dass ich mir vorgenommen habe, eine
Romanreihe zu schreiben.
Leseproben von mir gibt es auf meinem Blog: http://aileenogrian.overblog.com/
Seit Jahren schreibe ich aus Spaß am Phantasieren Märchen, Fantasy und
Science-Fiction und habe diverse Kurzgeschichten in Anthologien und
Literaturzeitschriften veröffentlicht.
Den Magier Rowan mag ich so gern, dass ich mir vorgenommen habe, eine
Romanreihe zu schreiben.
Leseproben von mir gibt es auf meinem Blog: http://aileenogrian.overblog.com/
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