Klappentext:
Max
hätte nie daran gedacht, jemals an einer Wallfahrt teilzunehmen. Doch
nun ist er dabei und hilft, den gelähmten Lazarus zur Wallfahrtskirche
auf den Falkenstein hinaufzutragen. Das Gnadenbild des heiligen Wolfgang
war nämlich in der Nacht aus der Pfarrkirche gestohlen worden. Max
vermutet, dass sich die Täter unter die Pilger gemischt haben. Da einer
der Träger ausgefallen ist, ergreift er die Chance, um undercover zu
ermitteln. Er weiß nicht, worauf er sich einlässt. Denn die
Kirchenräuber sind skrupellos und zögern nicht, den Jungen zu
beseitigen, als er ihnen auf die Spur kommt. Hat Max die Schutzengel,
die er zum Überleben braucht?
Erhältlich bei Amazon
Leseprobe:
Zehntes Kapitel: Auf Leben und Tod
Max
hing mit dem Kopf nach unten in den Zweigen einer kleinen Fichte, die
aus einer Felsspalte wuchs und seinen Sturz aufgefangen hatte. Das
abgebrochene Gitter war weiter hinuntergestürzt. Der Junge hatte es nach
endlosen Sekunden unten auf den Uferfelsen aufschlagen und dann ins
Wasser hinabgleiten sehen.
Die
Situation, in der er sich befand, war alles andere als erfreulich. Das
war stark untertrieben. Wenn er ehrlich war, konnte er sie nur als
verzweifelt bezeichnen. Unter ihm tat sich der Abgrund auf. Der Felsen
stürzte mehrere hundert Meter senkrecht in die Tiefe, sodass an ein
Hinabklettern nicht zu denken war. Nach oben lag die Kante des Abbruchs
etwa zehn Meter höher. Ohne fremde Hilfe kam er dort nicht hinauf.
Selbst ein geübter Bergsteiger hätte ohne Ausrüstung die Wand nicht
bezwingen können. Und Max war in dieser Kunst nicht sonderlich
bewandert.
Zum
Glück wusste er seine Gefährten oben, die ihn nicht im Stich lassen
würden. Dunkler beugte sich bereits über die Bruchkante und suchte nach
dem Jungen. Als er ihn unverletzt an der Felswand hängen sah, war er
sichtlich erleichtert. In Gedanken hatte er ihn wohl schon mit
zerschmetterten Gliedern am Ufer des Sees liegen sehen. Er musste sich
aber rasch davon überzeugen, dass man ohne Seil nichts zur Rettung
unternehmen konnte. Er rief deshalb: »Halte aus, Junge, wir holen Hilfe!
Es wird aber etwas dauern!« Dann verschwand er eilig.
Das
hörte sich nicht gut an, dachte Max. Immerhin unternahm man etwas. Bis
Rettung kam, musste er versuchen, seine Lage erträglicher zu gestalten.
Zunächst galt es, sich aufzurichten. Seine Beine hatten sich im Astwerk
verfangen und er hing rücklings mit dem Kopf nach unten. Er spannte die
Bauchmuskeln an und schwang den Oberkörper empor, wobei er einen Zweig
zu erwischen trachtete. Nach einigen Versuchen gelang das. Er konnte
sich hochziehen und stand nun aufrecht mit dem Gesicht zur Feldwand.
Allerdings
war das Manöver seinem Halt nicht gut bekommen. In der steilen Wand
hatte die kleine Fichte keine tiefen Wurzeln schlagen können. Bereits
beim Aufprall war sie etwas nach unten gerutscht. Das Aufrichten hatte
zu einer weiteren Abwärtsbewegung geführt. Es knackte und krachte so,
als werde sich der Baum im nächsten Moment ganz lösen. Es war nur eine
Frage der Zeit, bis …!
Max
wagte nicht, daran zu denken. Doch seine Angst wurde von Sekunde zu
Sekunde größer. Er war nicht weit davon entfernt, in Panik zu verfallen.
Schon schossen seine Gedanken in wilder Folge durcheinander und fuhren
Achterbahn. In seiner Not fing er zu beten an. Er rief erst alle
Nothelfer, dann die Jungfrau Maria und zum Schluss den heiligen Wolfgang
an, von dem er hoffte, dass er hier am ehesten zu erreichen war. Er
gelobte für den Fall der Errettung, nicht früher zu ruhen, bis er das
Gnadenbild und das Reliquiar den Dieben entrissen hatte.
Dann
blickte er hoch. Aber was war das! Hatte sein Bitten geholfen? Er
glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Ein Seil glitt die Abbruchkante
herunter, wurde lang und immer länger und erreichte ihn schließlich. Er
ergriff es mit beiden Händen und wartete darauf, dass er hochgezogen
wurde. Aber es zeigte sich niemand. Also musste er den Aufstieg aus
eigener Kraft bewältigen. Er überzeugte sich, dass das Tau hielt. Dann
ging es los. Wie er sich abdrückte, rissen die letzten Wurzeln und die
Fichte stürzte krachend in die Tiefe. Nun war er ganz auf das Seil
angewiesen; sein Leben hing davon ab, dass er den Aufstieg aus eigener
Kraft bewältigen konnte.
Arm
um Arm zog er sich in die Höhe, wobei er sich darum bemühte, mit den
Füßen von der Felswand Abstand zu halten. Von den wenigen Malen
abgesehen, in denen ihn Micha zum Klettern gezwungen hatte, hatte er
darin keine Erfahrung. Und die Strapazen des Krankentransports hatten
ihn geschwächt. Die Handflächen waren mit Blasen bedeckt und brannten
nun bald wie Feuer. Und die überanstrengten Arme wurden immer
kraftloser.
Er
hatte etwa die Hälfte des Aufstiegs geschafft, als er nicht mehr
weiterkonnte. Er war gerade noch in der Lage, sich am Seil festzuhalten.
Und das auch nicht mehr lange. Er schickte nochmals ein Stoßgebet zum
Himmel empor. Dann schloss er die Augen, als könnte er damit der
Wirklichkeit entfliehen. Aber das tröstende Schwarz, zu dem er Zuflucht
suchte, blieb nicht lange. Leuchtende Spiralen tauchten auf, die sich um
ihre Längsachse drehten, aber immer langsamer wurden. Eine Weile sah er
verständnislos zu, bis ihm die Erleuchtung kam. Das war seine
Lebenskraft. Noch wirbelte sie, aber nicht mehr lange. Sie durfte nicht
zum Stillstand kommen. Wenn sie erlischt, würden seine Finger das Seil
loslassen und ...!«
Ihr
müsst euch drehen!, befahl er verzweifelt. Drehen, drehen und
weiterdrehen! ... Ihr seid nicht müde! … Der Himmel gibt euch Kraft! …
So ist es richtig!, lobte er dann, als die Spiralen sich wieder in
Bewegung setzten. Ihr werdet schneller und schneller, bis das Blut
heftig durch die Adern schießt! … Meine Kräfte wachsen! ... Ich werde
stärker und stärker! ... Ich muss es schaffen! … Ich werde es schaffen! …
Ich schaffe es!
Zu
seiner Freude merkte er, dass der Appell Wirkung zeigte. Wärme begann
seinen Körper zu durchströmen. Seine Muskeln entkrampften sich. Das
Gewicht, das an seinen Händen hing, schien leichter zu werden. Er
fühlte, wie Mut und Zuversicht zurückkehrten. Es war, als würde ihm ein
Engel unter die Arme greifen und helfen, die letzten Kraftreserven zu
mobilisieren.
Trotzdem
wusste er, dass er seine Kräfte besser einteilen musste. Er entlastete
die Arme dadurch, dass er seine Beine stärker auf der Felswand abstützte
und den Körper aus den gebeugten Oberschenkeln hochdrückte. Das half.
Hand vor Hand hangelte er sich weiter nach oben. Es ging langsam voran,
aber es ging. Mit Freuden sah er, wie die Felskante mit jeder Handbreite
näher und näher rückte. Schließlich - es schien eine Ewigkeit gewesen
zu sein - war es endlich so weit. Mit einer letzten großen Anstrengung
zog er sich auf das Felsplateau hinauf. Völlig ausgepumpt und erschöpft
blieb er am Boden liegen und zitterte am ganzen Körper.
Klaus Kurt Löffler:
Als studierter Jurist war ich zuletzt
als Vorsitzender Richter am Landgericht tätig. Nach meiner Pensionierung habe
ich während eines Aufenthalts in St. Wolfgang am Wolfgangsee mit dem Schreiben
von Jugendbüchern angefangen. Der Schauplatz und meine beruflichen Erfahrungen
wollten es, dass es Detektivgeschichten wurden, in denen die Landschaft eine
entscheidende Rolle spielt. Es steht bei mir aber nicht das Verbrechen, sondern
das hinter ihm stehende Rätsel im Vordergrund. Denn meine Junior- Detektive
lösen ihre Fälle mit Köpfchen.
Link zu meinem Shop, meiner
Facebook-Autoren-Seite, meinem Twitter-Account, Büchern bei Amazon und meiner Amazon Autorenseite